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[thing-group] Received 02. 12. 2010 -- 22:48 from from

Re: Kritische Strategien in Kunst und Medien

Hi Brentis,
meinst Du nicht, dass Deine beiden Ideen zwei unterschiedliche Positionen in der Kunst sind?
Ich finde die Scout-Rolle des Künstler, als Initiationspol zum Anreiz des bisher nur rezeptiv beteiligten Publikums super.
Solange er nicht zum rhetorisch versierten Selbstvermarkter wird. Denn in solchem Fall würde er fahrlässig die anderen
ausnutzen. Meinst Du (oder Ihr), dass D. Hirst mit der Sotheby's-Auktion eine Art von Konversationskunst betrieben hat,
auch wenn sie auf eine recht beschränkte Nomenklatur reduziert war?
Doch andererseits bedient Kunst - ob bildende oder performative - auch noch heute das (menschliche) Bedürfnis,
etwas vor/über sich zu haben, zu was man aufschaut. Meinst Du nicht, dass auch wenn man noch so selbstbestimmt
(vielleicht gerade dann) ist, sich noch so gleichberechtigt (behandelt) fühlt, dass man gerade dann ein ideales Abgetrenntes,
Unerreichbares, schwer Zugängliches benötigt? Die spirituelle Ebene (jetzt werde ich hier endgültig als Eso-Tante abgestempelt, fürchte ich)
ist doch der Kunst auch immanent. Irgendwo muss Kunst auch unerreichbar sein, damit man sich klein fühlt.
Oder groß, dick, dünn, traurig, belustigt, energetisch aufgeladen (sorry, wieder Eso) oder komplett erschöpft.
Mensch eben.
Ganz.
Und nicht nur der Kopf.
Das ist eine Rolle der Kunst. Neulich las ich ein Interview mit R. Opalka, der sagte, das materialbedingte repetitive Eintauchen des Pinsels in die Farbe
ist wie Atmen; die Farbe ist anfangs dicht und kräftig, doch mit dem Schwinden der Farbe wird sie immer schwächer, durchsichtiger, es entseht ein sichtbarer
Rhytmus. Ich fand das sehr schön, zumal er seit 1963 Zahlenbilder malt.

Soviel für heute,
liebe Grüße

Margarete





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Von: "brentis one"
Gesendet: 01.12.2010 21:07:35
An: thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot]9 de
Betreff: Re: [thing-frankfurt] Kritische Strategien in Kunst und Medien






Hallo,

Diskussion und Ideenfindung "ohne Publikum", wäre an sich in einer neudefinierten Aussage, doch eine radikal gute und weiterführende, evolutiv-progressive Umsetzungs-Idee. Da dieses Konzept eine artifiziele Trennung zwischen Kunstschaffenden und "anderen" Menschen (Publikum und Käufer als Marktteilnehmer, ...) aufheben würde.

1. Leider wird diese Entwicklung im sogn. "etablierten Konzept" und einer derzeit bestimmenden Vision des Künstlers
(als Produzent der einem Markt von Abnehmern und Rezipienten gegenüber steht, ...)
gehemmt in seiner möglichen Vermittlerposition durch seine be-herrschende Positionen und seine Abgrenzung von anderen in der Gruppe und kann darin, als standardtisierte Fortführung des Modells einer hierarchischen Struktur, weder als befreiend noch evolutiv (darüber hinaus) angesehen werden. Anders wäre es, wenn wirklich befreite Menschen, zwanglos und ohne funktionalisierte, Herrschafts vermittelnde Gruppen-Leiter, an entsprechenden Diskussionen beteiligt wären.
(Direkte Demokratie in lebendiger Kunst?)

2. Wenn sogn. "Künstler" sich daher in "Initiatoren" umbenennen würden und als Wegbereiter, Scouts der gemeinsamen Ideenfindung im Konsens auftreten würden. So könnte dies als erneuerndes Konzept, adäquat und befreiend sein und wirken und würde sich dadurch vom erstarrten, instrumentalisierenden Kunstbegriff weg-bewegen.
Weg von einem statischen Begriff, der sich grundsätzlich und maßgebend eternisierend, nur aus der autoritär-hierarchischen Gruppen- wie auch feudalen Gesellschaftsstruktur heraus, entwickelt hat..
(Einer klassischen, prägenden Struktur, die sich aus der übrigen, aktuellen Gesellschaftsform entwickelt hat und diese nur relatif dazu, darin abbildet.)

Vereinfacht:

A. Künstler vs. und in Abgrenzung --> vom: Publikum = klassisches Modell = hierarchisch Orientierung =
nicht evolutiv, sondern statisch (gesellschaftlich stabilisierend affirmativ)

B. ehemals "Künstler" jetzt = Vermittler/Initiator/Wegbereiter/Scout + daran interessierte, aktive Menschen (ehemals ausgegrenzt als Publikum) = gemeinsame, progressiv, evolutive, nicht hierarchische Ideenfindung und dadurch =
Gesellschafts-transformierender, gemeinsamer/egalitärer Ansatz

Dh.: Freiwilliges Schaffen selbstbestimmter, gleichberechtigter individuen in gegenseitiger Hilfe

+++

----- Original Message -----
From: Stefan Beck
To: [thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot]9 de]
Sent: Wednesday, December 01, 2010 2:59 PM
Subject: Re: [thing-frankfurt] Kritische Strategien in Kunst und Medien

Hallo Margarete,

Konfusion? Eigentlich verstehst Du die Idee der Konversationskunst ganz
richtig.

Mit Publikum ist hier nur eine Gruppe gemeint, die den Künstlern
diametral, konsumierend gegenübersteht. Statt gleichtberechtigt an der
Konversation mitzuwirken.

Hoffe, das löst es.
*stefan

> (Zit.) "Vielleicht darf ich noch erwähnen, daß die Idee der Konversationskunst
> sich vom Publikum verabschieden will."
>
> Ohne Publikum?? Um Gottes Willen, wie soll das gehen.
> Kunst - und umso mehr Konversationskunst - lebt ja durch Publikum, nämlich schon mal dasjenige,
> das (freiwillig/unfreiwillig) Konversationsteilnehmer ist. Sich Anregung durch Gespräch zu holen ist unschätzbar.
> Doch gerade durch die Interaktion und das Bewusstsein,
> vom Gesprächspartner wahrgenommen zu werden - gehört, gesehen, gerochen - wirft ein
> auf den Beobachtenden hin abgestimmtes Äussern (denn man will verstehen und verstanden werden), eine Darbietung.
> Es ist also insofern kein Selbstgespräch.
> Nie und nimmer kann (Konversations-) Kunst ohne Zuschauer von Statten gehen.
> Ausser man nennt es gewöhnlich "Werkstattgespräch", Brainstorming,
> etwas, was zum rein eigennützigen Zweck, irgendeinem vordefinierten Zweck, geführt wird.
> Abgesehen davon wird es immer deutlicher, dass uns ein kontinuierliches Gespräch abhanden gekommen ist,
> daher die Plausibilität einer solchen Veranstaltung, wie die im ZKM unumstritten.
>

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