Received 10. 06. 2010 -- 08:42 from
fromRe: Betrifft: Fernhaltung
liebe margarethe,
vielen dank für das ausführliche feedback. das muss ich mir in ruhe
durchlesen, nächste woche, nach meinem kurztrip nach salzburg.
[ und besten dank für dein nettes feedback auf meine site :))) ]
bis in bälde,
verena
Am 10.06.2010 um 01:01 schrieb Margarete Gamdzyk:
> Liebe Verena,
>
> endlich komme ich zu A(a)ntworten, bzw. Stellungnahmen zu Deinen
> Vorschlägen, für die ich mich als Erstes bedanke.
>
> "- ein gemeinsamer "ort", wo man hingehört. menschen mit gleicher
> wellenlänge.
> - feedback für das eigene tun. motivation.
> - gemeinsame "künstlerische" aktionen
> - gemeinsames auftreten. gemeinsame präsenz. gemeinsames
> organisieren des auskommens und des lebensunterhalts.
> ... das wäre so meine vorstellung."
>
> Was mir auffällt ist das in jedem von Dir aufgezählten Punkt
> "gemeinsame", auch das Feedback ist durch die Anwesenheit und
> Rezeption des Anderen, des Du, bedingt. Auf der Suche nach
> "Rettungsankern im Wissen" bin ich auf Roland Hagenbüchle
> gestoßen. 1995 hat eine Konferenz stattgefunden mit dem Titel:
> "Geschichte und Vorgeschichte der modernen Subjektivität". Die
> Einleitungsrede zeichnet im Zeitraffer auf ca. 70 Seiten die
> Entwicklung der Subjektivität, die als theoretischer Begriff ab ca.
> 1800 in den westeuropäischen Humanwissenschaften und -theorien
> auftaucht.
> So wie es ausschaut, haben wir uns zunehmend zu isolierten
> Neurotikern entwickelt, denen es wehement verklickert wird, dass
> man das Leben doch zuerst alleine hinkriegen muss, bevor man sich -
> wie auch immer - bindet, quasi reife Persönlichkeit. Dazu ein Zitat
> aus dem Text:
> "Die Reformation hat gezeigt, wie enorm der Druck ist, der auf dem
> Menschen lastet, wenn er seine existentiellen Entscheidungen allein
> zu treffen hat. Die im Gang befindliche zweite »liberalistische
> oder individualistische Reformation«, die den Einzelnen völlig auf
> sich selber stellt (und das Weitere den Marktgesetzen überläßt),
> erzeugt eine vergleichbare Belastung, die nicht zuletzt den
> individualgeschichtlichen Anfang von Subjektivität - das Kind -
> hart trifft."
> ...und GFW Hegel:
> »Wenn sich die Subjektivität in ihrem geistigen Insichsein von
> unendlicher Wichtigkeit wird«, erklärt schon Hegel,
> dann ist das gleichbedeutend mit dem »Ersterben der Seele«; eine
> solche Subjektivität ist »absolut unglücklich, der ewigen
> Verdammnis überantwortet« (Vorlesungen über die Ästhetik,
> Zweiter Teil, Dritter Abschnitt).
> Jean Paul warnt in seiner »Rede des toten Christus«: Wenn jedes
> Ich sein eigener Schöpfer ist, dann ist es vielleicht auch sein
> eigener Würgengel.
> Auch die Avantgarde sah das Individuum als geschichtliche
> Fehlentwicklung an, die an den Rand der Selbstzerstörung
> geführt habe (Artaud) und nur durch Abschaffung des Individuums zu
> korrigieren wäre.
>
> Da haben wir es ! Die Utopie sollte lauten: Gemeinsam & kollektiv
> (ohne gleich in Kommunismus abzurutschen), das ist die Rettung.
> Eine süße, eine energetisierende, eine nahezu ins Nirvana
> beflügelnde Vorstellung. An der UdK Berlin wird Kunst im Kontext
> gelehrt, neben dem politischen auch im eigenen sozialen
> Erlebniskontext - gemeinsame Arbeit an künstlerischen Projekten.
> Und nochmal Hagenbüchle:
> "Nicht das sich als autonom gebärdende Subjekt, sondern nur ein
> sich in seinem Gefährdetsein und in seinen Abhängigkeiten
> durchschauendes Subjekt ist überhaupt in der Lage, im Sinne einer
> menschlich zu gestaltenden Welt aktiv an der Verbesserung der
> gesellschaftlichen Verhältnisse mitzuwirken". Nicht dass Kunst
> diese Art von Funktionalisierung zu bedienen hat, aber auch Kunst
> ist massgeblich daran beteiligt, Werte zu schaffen.
>
> Ich habe mir genauer Deine Site angeschaut, sehr hübsch und frisch,
> reflexiv-informativ und anspruchsvoll mit Leichtigkeit. Du gibst
> Verweise auf andere Kulturschaffende, die mehr oder minder in
> Eigenregie ihr (Berufs-) Leben meistern. Doch wie könnten diese
> Menschen eine gemeinschaftliche Arbeit, oder besser gesagt,
> gemeinschaftliches Schaffen erzeugen? Wie könnte eine
> gemeinschaftliche Arbeitsform aussehen, die Rücksicht nehmend auf
> die individuellen Kreativitäten & Sensitivitäten Kulturgut in Form
> von Dingen und Ideen generiert?
>
> Wir beklagen hier ab und an die prekäre Lage der Kulturschaffenden
> (dazu übrigens ein guter Artikel aus Österreich:
> http://igkultur.at/igkultur/kulturrisse/1136908205/1136975881),
> Herr Beck sprach in seinem letzten Seminar von
> "Verbitterungssyndrom" und wartet darauf, dass dies, ähnlich dem
> Burn-Out, in den Leistungskatalog der GKVs aufgenommen wird. Wir
> müssen was tun und es wäre hier vielleicht ein guter Platz
> konkrete Vorschläge, gar Strategien zu überlegen.
>
> Ich bin gegen Fernhaltung, ich bin für investigative Kunst auch
> wenn sie das unerotische Prädikat: "pädagogisch" bekommen sollte.
>
> ... und danke der Nachfrage, die Naomi (schneidenföhnen) ist wie
> guter Cognac, mit den Jahren immer besser.
>
> Schöne Grüße
>
> Margarete
> __________________________________________________________
> GRATIS für alle WEB.DE Nutzer: Die maxdome Movie-FLAT!
> Jetzt freischalten unter http://movieflat.web.de
>
> [Die Teile dieser Nachricht, die nicht aus Text bestanden, wurden
> entfernt]
>
>
>

------------------------------------------------
KUNST | GRAPHIK DESIGN | AUFTRAGSMALEREI/VERLEIH
------------------------------------------------
http://www.verenalettmayer.de
[Die Teile dieser Nachricht, die nicht aus Text bestanden, wurden entfernt]
------------------------------------