Received 12. 12. 2010 -- 20:21 from
fromRe: [thing-frankfurt] :°| n0name nachrichten #150
Interessamter Ansatz, ein paar Gedanken zum Interview
1. "Wenn man herausfinden will, wie es in der gesellschaftlichen Struktur der Industriearbeit und im
Dienstleistungssektor aussieht, ist doch eher an die verschuettete und zurueckgedraengte Selbstaufgabenstellung der Arbeiter, naemlich ueber sich selbst und ihre Situation zu berichten, anzuknuepfen."
Hat das nicht auch Wallraff gemacht, indem er sich selber als "geschulter Schreiber" in die Rolle des Arbeiters, des ausgebeuteten, instrumentalisierten Zahnrädchens begeben hat, ?
Muss man dahinter zurückweichen und das Zahnrädchen jedesmal neu erfinden und sich damit "erhöhen"?
Wo ist denn darin die konkretere, konstruktive, weiterführende Erkenntnis? Oder wird die gar nicht mehr benötigt, man lässt Menschen über ihr Leben berichten, nimmt dies in Büchern und Reportagen zur Kenntnis und konsumiert dieses Resultat als solches an, (klug darüber reflektierend) ebenso wie die restlichen, einseitig zum Konsum (ohne Hinterfragung dessen) in dieser Verwertungs-kapitalistischen Gesellschaft, auffordernden Waren-Konglomerate?
Und die Antwort darauf ist bestechend:
"Der ganze Berg der Sekundaerliteratur bestimmt scheinbar die Lage und Texte sind nur
noch Sample-Material fuer den selbstgefaelligen Akademismus und nicht mehr Erkenntnismedium"
Bloss: was ist dann Erkenntnis? Das Abfeiern des Status Quo, wie auf "ARTe" und anderswo, sich damit Arbeitsplätze und sichern und einen abgehobenen Status daraus schaffen, indem man über die prekarisierte Arbeit und Ausbeutung der anderen Menschen "berichtet", der Menschen die dadurch noch weiter deklassiert und ausgegrenzt werden,...?
"Die anderen" sitzen im Aquarium und wir schauen von aussen zu.
Erstens: die Reportern Journalisten und Wissen-zer-schaftler und
zweitens die Fern-Seher und dann?
Die zähe, gesellschaftlich homogenisierte Masse ist zum Stillstand gekommen, das System beäugt sich selber , unfähig etwas zu erkennen, etwas zu unternehmen und es zu verändern? Eine geronnenen Masse, die nur nur durch Sprengung derselben vom Platz bewegt werden könnte, aber dazu sind Journalisten nicht bereit und fähig, denn ihr Job wäre in Gefahr, den sie mühsam in nicht endend wollende, aufgetürmten Reportage-Bergen über andere, schon gesellschaftlich entgrenzte Menschen ab zu "sichern", versuchen.
Das ist eine Kultur der Rezeption, aber keine des Widerstands, der Rebellion oder der Erkenntnis-be-förderung jenseits der etablierten Waren und Schul Kultur.
Die Reportagen und deren Pseudo-Erkenntnisse türmen sich Meter hoch auf, wie die andere, permanent produzierten Warenberge, die Erkenntnis wird nicht größer daraus und darin, sie schwindet im Gegensatz dazu immer mehr, verkümmert. Alle zehn Jahre werden neue Studien und Analysen erarbeitet und veröffentlicht, alle im Arbeitsprozess Beschäftigte dazu befragt, bis zu den Spinnen in den Spinnweben an den Wänden der Fabriken. Aber keine Konsequenzen werden daraus gezogen, alle Teilnehmer gefallen sich in selbstgefälligen, angeblich an-erkennenden Statements, die nirgendwo hin führen sollen, aber nur jenes werden:
ein weiteres Buch im Bücherschrank, eine weitere DVD mit wichtigen Analysen, aufgetürmt, abgelegt und aufgestapelt, archiviert und vergessen.
Der einseitige, an Wirtschafts-dominante Interessen instrumentalisierende Konsum, verhindert auch hier massiv jedes weitere, human-relevante, erkennende Fortschreiten, ...die Lava der geronnenen Informationen ist erstarrt, und immer wieder noch kommen neue Brocken dazu, nur ein neuer fundamentaler Aus- und Aufbruch daraus könnte etwas bewegen, aber wünschen dies jene abgestumpften, verwöhnten nur noch äusserlich menschlich anmutenden Wesen das überhaupt, ..?
2. Zitat:
"Muesste man sagen: das halbe Leben, das da zur Sprache
kommt, sagt nicht, dass dieses Leben eben halbiert wurde, dass
Lebenszeit, naemlich im Verkauf der Arbeitskraft, gestohlen wird vom
Kapital?"
Und auch hier wird schön getüncht, denn dieses Leben ist rein vom Zeitvolumen her gesehen, nicht "das halbe Leben", sondern es sind mindestens 3/4 dessen, die Reproduktionsphase darin ist doch ebenso ein wichtiger Teil des vernutzenden Aspekts der Lohnarbeit`. Man soll sich darin "bereit" halten, für den Abruf daraus in fremd bestimmter Arbeit. Ruhe bietet nur Krankheit und Urlaub und das sind meist nur ± 30+ X Tage im Jahr, das soll die Hälfte des Lebens ein? Also hat ein Angestellter, in Vollzeit beschäftigter Mensch eher bei einer Lebensspanne von 70 Jahren demnach real nur :
40 x 30 Tage + Renten Zeit und Jugend "wirklich" gelebt. Stirbt er also vor seiner Zeit, unbefreit, als Instrument eines Prozesses, den er/sie bewusst weder mitsteuern konnte, weder darüber bestimmen durfte und den er/sie erlitten hat, die Demokratie freie Zone der Wirtschaft, über die zur Genüge immer wieder "berichtet" worden ist, ..?
3. Immerhin:
"Sie erkennt, dass sie, Kennerin von Musik
und Produzentin von Erkenntnissen ueber Musik, diese nur
warenfoermig verbreiten kann. Diese Illusion, das eigene Tun sei
doch bisher vielleicht nicht Arbeit gegen Geld gewesen und es sei
besser, wenn es nicht Arbeit gegen Geld waere, ist die Artikulation,
dass es auch anders sein koennte"
4. Immerhin, 2 :
"Wenn sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen mit steigenden Loehnen und
stetig gesteigerter
Produktivitaet auch verbesserten, so sind doch die Grundbedingungen,
die Konditionen der Produktionsweise keine anderen geworden, nur weil
es eine Phase des vermeintlich allgemeinen (Nachkriegs-) Wohlstands gab."
Und zum zweiten Thema, welches wiederum das Erste aufgreift:
"Der kapitalistische Produktionsprozess bzw. das kapitalistische
Privateigentum trennt den Menschen aber von der Natur. Die Dinge,
die der Arbeiter produziert, schafft er nicht für sich und seinen
Bedarf, sondern für den Kapitalisten, den Privateigentümer der
Produktionsbedingungen." (Marx)
Und daher gibt es, wie auch von F.W. Haug immer wieder gut analysiert, beides: Tauschwert und Gebrauchswert
Und das eine vom anderen zu trennen, wie in der Rezension zum Text von Sabine Nuss benannt, kann keine Erkenntis befördern, sondern entsystematisiert ein Konzept, das auf Klärung und Aufklärung von Waren-Austausch Prozessen im Kapitalismus und dessen Profitdimension angelegt war.
Und durch eine Aufspaltung der Begriffe in sich nur Verwirrung stiftend, den Erkennis-befördernden Part der Analyse entweiht und profanisiert, ihn, die Essenz daraus, zum Spielball einer Rezeption macht, die deren grundsätzlichen und beachtlichen Wert ins Beliebige auflöst.
Tauschwert Interessen hat hauptsächlich der Händler und Verkäufer, Nutzen und Bedürfniss der anderen Menschen, der Käufer ist nur sein Vehikel, Ertrag zu erzielen. Der Gebrauchswert auf den es Käufer abgesehen haben, wird nie komplett erfüllt oder nicht beabsichtigt ihn zu erfüllen, da sich daraus ein Stop und Stau in der Warenproduktion und eine rasches Ende der kapitalistischen Verwertungsinteressen heraus ableiten würde.
(sagt ähnlich Haug, in seiner Kritik der Warenästhetik, 1970)
Konsum-verweigerung wäre demnach (für mich) ein wichtiger und bestimmender Part darin, aller interessierten Menschen, in Beendigung eines alles durch Warenkonsum beherrschenden und daraus sich regenerierenden Systemzusammenhangs.
Bush hatte noch Angst davor : "what can we do, when people don't shop"
Oder bleibt es dabei, beim Gebrauchswert Mensch, der im monetaristisch ausgerichteten Verwertungs- Kapitalismus, Tauschwert nur über seine Verwertung im industrialisierten Konsumprozess darstellen und befördern soll und damit lange vor seinem eigentlichen Tod, bewusst als lebendiges Wesen ignoriert und ab-getötet wird ?
Angela Merkel hat das letzte Wort:
"Für uns gibt es nur einen einzigen Sachzwang, dem wir unterliegen, und der heißt, Menschen in Arbeit zu bringen. Diesem Sachzwang hat sich alles unterzuordnen.".
aus: http://www.cdu.de/doc/pdf/05_06_16_Rede_Merkel_60_Jahre_CDU.pdf
aus:
http://www.otium-bremen.de/js/index.htm?/autoren/a-marx_k.htm
jkl