Received 29. 09. 2007 -- 09:51 from
fromRe: Kunststimmen gegen Armut
Am 28.09.2007 um 12:56 schrieb Stefan Beck:
> Marktübersättigung? Davon sind nicht nur künstler betroffen. Mal höre
> sich mal unter grafikern um.
>
Ja, der Kapitalismus frisst jetzt seine Kinder.
> Es wäre doch zu untersuchen, ob es eine spezielle eigenheit in der
> kunst
> gibt, die es möglich macht, daß "Lieschen" mit prof. künstlern
> konkurrieren kann.
>
Die Eigenheit wäre "Kunst ist das was gefällt".
Wenn meine Geliebte oder die Frau des Chefs also auch mal malt ist
das per se besser als das was andere oder Picasso machen.
> Ich war grad in Vancouver. Da gibt es teilweise seit den 70ern sog.
> "Artist Run Spaces". Jetzt sehen die wie galerien aus. Und hier ist es
> auch nicht anders.
>
Die Orientieren sich am Markt um nicht zu verhungern?
> Was mich eben wundert ist, daß so wenige künstler in ihrer arbeit die
> bedingungen von kunst untersuchen. Immer nur form und farbe form und
> farbe form und farbe form und farbe...
Die Orientieren sich am Markt um nicht zu verhungern?
Wirft man dem Musiker auch vor sich nur mit seiner "Farbe und Form"
zu beschäftigen?
Welche Musiker verdienen soviel um davon Leben zu können?
Die Band, die die "Hits" auf Volksfesten/Parties nachspielt; das
"Klassik"-Orchester, welches den Rahmen zur Repräsentation bietet.
Ist das in der bild. Kunst anders?
*
Es frustet mich, von meiner Kunst gerade mal "so" leben zu können mit
dem Bewußtsein, dass jeder Lohnsklave am Ende des Monats mehr hat als
ich nach Studium und selbstständiger Arbeit.
Ich weiß meistens nicht wovon ich die nächsten Monate leben soll. Das
geht schon seit Jahren so.
Als bild. Künstler wird man nach Strich und Faden (aus)benutzt, wenn
man es zulässt.
Wohl dem der die Wahl hat.
Ich empfehle Greenaways Film "Der Kontrakt des Zeichners" zur
weiteren Vertiefung.
Bedeutungsebenen:
Auf den ersten Blick ist Der Kontrakt des Zeichners ein Kriminalfilm,
ein Whodunit. Mr. Herbert wurde ermordet und wie in einer Geschichte
von Agatha Christie kommen fast alle beteiligten Figuren als Täter in
Frage. Es wimmelt in dem Film von raffinierten Andeutungen, die zur
Lösung des Rätsels zu führen scheinen, doch wer den Mord begangen
hat, findet der Zuschauer selbst nach wiederholtem Ansehen des Films
nicht heraus.
Der Kontrakt des Zeichners ist zweitens die Geschichte zweier Frauen
– Mrs. Herbert und ihrer Tochter, Mrs. Talmann –, die in
unglücklichen, zutiefst frauenfeindlichen Zeiten zu den einzigen
Mitteln greifen, die ihnen bleiben, um sich gegen ihre
Benachteiligung zu wehren: die Intrige und die Ausbeutung der
Ausbeuter. Besonders bei der intelligenten Mrs. Talmann erreicht die
Intrige das Niveau höchster Kunstfertigkeit.
Drittens erzählt der Film die Geschichte des Zeichners Neville.
Neville bildet in jeder Hinsicht das Zentrum des Films, ihm gilt das
eigentliche Interesse des Regisseurs. Im Gegensatz zu allen übrigen
Personen der Handlung gehört Neville der sozialen Unterschicht an,
was ihn keineswegs einschüchtert, sondern im Gegenteil mit Verachtung
für die Nutznießer eines ererbten bzw. erheirateten Wohlstands
erfüllt. Seine Überlegenheit gründet sich, wie er meint, auf seine
Wahrhaftigkeit und seine Ablehnung jeglicher Heuchelei. Diesen hohen
Prinzipien huldigt er auch als Künstler. Greenaway portraitiert
Neville als naiven Vertreter eines radikalen Naturalismus, den der
Regisseur selbst entschieden ablehnt, da bei diesem Kunstkonzept Raum
weder für Imagination noch für Kreativität bleibt. Die Frage nach der
Aufgabe der Kunst ist in den Filmen von Peter Greenaway ein immer
wiederkehrendes Thema. Nach seiner Auffassung soll Kunst nicht die
Realität kopieren, sondern ausdrücken, was der Künstler in seinem
Verstand hervorbringt. Nevilles Fantasielosigkeit, seine Unfähigkeit,
mehr zu sehen, als sich dem Auge offensichtlich darbietet, führt
daher auch zu seinem Untergang. Neville kehrt nach mehrwöchiger
Abwesenheit nach Compton Anstey zurück, um eine dreizehnte Zeichnung
anzufertigen, zu der er vertraglich keineswegs verpflichtet ist, zu
der ihn seine besondere Kunstauffassung jedoch zwingend treibt. Unter
allen Manifestationen seiner künstlerischen Beschränktheit bildet die
Anfertigung der dreizehnten Zeichnung den grotesken Höhepunkt, die
Hybris, und es ist kein Zufall, dass Greenaway Neville genau an
dieser Stelle den Tod finden lässt. Der Kontrakt des Zeichners kann
in vielerlei Hinsicht mit Michelangelo Antonionis Film Blow Up
verglichen werden.
Viertens doppelt der Film Nevilles eingeschränkte Wahrnehmungswelt,
und zwar in ironischer Brechung. Greenaway treibt sein Spiel damit,
den Zuschauer ähnlich blöde durch seinen an Andeutungen und Verweisen
übervollen Film tappen zu lassen, wie auch Neville genasführt wird,
weil er nur das Alleroffensichtlichste zur Kenntnis nimmt. Der
Regisseur „betrügt“ sein Publikum nicht nur um die Auflösung des
Mordfalls, sondern er führt es gezielt in die Irre, etwa durch die
maßlos ästhetisierten Kulissen und Kostüme, die in ihrer
kunstgewerblichen Glätte an Merchant-Ivory-Produktionen erinnern und
den Zuschauer damit so einlullen, dass er intellektuell immer wieder
„abschaltet“. Die zentrale Botschaft des Films: Die Augen zu benutzen
bedeutet noch lange nicht „Sehen“.
>
> > Lieber stb,
> >
> > vielleicht liegt es daran, dass der prof. Künstler mit Lieschen
> > Müller konkuriert.
> > Lieschen hat diverse Malkurse besucht, war sogar schon zum Malen in
> > der Toskana.
> > Manches Lieschen hat sogar bei Nitsch oder Baselitz einen Kurs
> > gemacht, den ihr Lebenspartner ihr zum 15. Hochzeitstag geschenkt
> hat.
> > Fortan etwas kryptisch als "1995 Kunststudium bei Prof. Nitsch"
> > angegeben.
> >
> > Wenn der prof. Künstler annähernd wagt sowas wie ein Künstlerhonorar
> > zu fordern, kontert sein gegenüber mit "Waaaas? Sie sind doch
> > Künstler! Das Lieschen macht das für lau - DER KUNST WILLEN".
> >
> > Wenn es zu einer Ausschreibung z.B. Kunst am Bau kommt, denkt sich
> > der Entscheider.
> > "Och nö, warum so einen ollen Künstler nehmen? Der macht wohlmöglich
> > noch Ärger... Wenigstens tot soll er sein.
> > Oder Moment mal - Super Idee. Das Lieschen, Tochter von unserem
> > Baumogul, Geliebte von unserem Kulturdezernenten hat doch beim
> Nitsch
> > studiert. Laden wir die doch ein - die macht das für lau und bläst
> > immer so freundlich unterm Tisch.
> >
> > * Sarkasmus aus
> >
> >
> > Am 27.09.2007 um 13:09 schrieb Stefan Beck:
> >
> >> Lieber bepoet,
> >>
> >> der kampf gegen armut ist eine hehres ziel und legitimes anliegen.
> >>
> >> Ich wundere mich jedoch, warum es kaum künstler gibt, die gegen die
> >> konzeptionelle und physische armut im kunstbetrieb protestieren.
> >>
> >> Sehen Sie sich doch mal den Produktbereich 21 des Frankfurter
> >> Haushaltes an:
> >>
> >> Allgemeine Förderung von Bildender Kunst - Förderung von Projekten
> >> 66000 Euro
> >>
> >> Das ist weniger, als manche theatergruppe bekommt
> >>
> >> zB.:
> >>
> >> Ensemble Theaterhaus 94000 Euro
> >> Freies Schauspiel Ensemble 130000 Euro
> >>
> >> Warum?
> >>
> >> Grüsse
> >> stb
> >>
> >>>
> >>> Hallo ,
> >>>
> >>> ansehen und Frau Merkeln was schicken.
> >>>
> >>>
> >>> _http://www.kunststimmen-gegen-armut.de/_
> >>> (http://www.kunststimmen-gegen-armut.de/)
> >>>
> >>> Veranstaltung : am Do den 11.Okt ab 20 Uhr kann man und frau
> >>> _www.elffriede.net_ (http://www.elffriede.net) SOUNDRAWING live
> >> in der
> >>> Basis Elbestr. 10 , Ffm.
> >>> erleben.
> >>>
> >>> Stimmungsvolle Zeit wünscht bepoet
> >>>
> >>>
> >>>
>
> --
>
> The Thing Frankfurt
> http://www.thing-frankfurt.de
>
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>
> Stefan Beck
> Hohenstaufenstr. 8
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