Einträge vom Freitag, 02. Mai 2008
Received 02. 05. 2008 20:16 from
n0name newsletter #127
|<------ Breite: 72 Zeichen - Fixed Width Font: Courier New, 10 ------>|
n0name newsletter #127 Fr., 02.05.2008 16:50 CET
*Inhalt/Contents*
0. Heraus zum revolutionaeren 6. Mai !
1. Trifft ein Telekommunist einen Ex-textz.comler
2. Die Lage der Arbeiterinnen in den IT-Sonderwirtschaftszonen
Der Dokumentarfilm _Digitale Handarbeit_
3. Die historischen Deportationen und Morde, und die aktuellen Lager
und Abschiebungen in der BRD muessen aufeinander bezogen werden!
4. Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 30
ACHTUNG! Umlaute, Unicode-Zeichen
26 KB, ca. 9 DIN A4-Seiten
------------------------------------------------------------------------
Heraus zum nachrevolutionaeren 6. Mai !
Wenn oder damit du nachts nicht kannst
Workingman's Death
Dokumentarfilm, A/BRD 2005
Di., 06.05 02:50 Uhr
Die Verwechslung der Weise mit dem Verhaeltnis:
"[...] Hard manual labor is visible, explainable, portrayable.
This is why I often think of it as the only real work."
Michael Glawogger
------------------------------------------------------------------------
1.
(scroll down for english version)
Trifft ein Telekommunist einen Ex-textz.comler:
"Gute Sache das mit dem Raubkopieren. Warum kommst du nicht zu uns?
Wir koennten zusammen eigene Texte schreiben und dann verschenken."
Sagt der Ex-textz.comler: "Keine Zeit, ich muss Filme herunterladen."
"Okay", sagt der Telekommunist, "dann drehen wir eigene und
verschenken die."
"Keine Zeit, ich muss Geld runterladen."
"Na gut, dann drucken wir eigenes und verschenken das."
"Keine Zeit, ich muss Pizza runterladen."
"Moment mal - Pizza kann man doch garnicht herunterladen."
"Eben!"
Telecommunist meets Ex-textz.comist:
"Good thing this pirate copying. Why don't you come to us?
We could write our own texts together and give them away."
The Ex-textz.comist says: "No time, got to download films."
"Okay", the Telecommunist says, "let's make our own movies and
give them away."
"No time, got to download money."
"Well well, so let's print our own money and give it away."
"No time, got to download pizza."
"Wait a moment - it's impossible to download pizza."
"Exactly!"
------------------------------------------------------------------------
2.
Die Lage der Arbeiterinnen in den IT-Sonderwirtschaftszonen
Der Dokumentarfilm _Digitale Handarbeit_
Die Frontispiz der DVD verweist auf ein scheinbares Paradox, naemlich
die Automatisierung und Rationalisierung weiter Bereiche der
allgemeinen Produktion unter dem Diktat der Datenverarbeitung bei
gleichzeitiger Produktion der dafuer notwenigen Produktionsmittel,
(die auch Konsummittel sein koennen) von Hand. Digitale Handarbeit
gibt es ebensowenig wie das digitale Bild, wie Medienprofessoren
feststellen, sondern nur digitale Weisen der Verarbeitung von Daten.
Der Output hat die sensuelle materielle Form zu haben oder er ist
nicht. Die immaterielle Wirtschaft existiert nur auf dem Display.
Aber die Handarbeit ist billiger und das Angebot der billigen
Abeitskraefte grosz. Die Produktionsweise folgt nicht immer den
Moeglichkeiten einer erhoehten Produktivitaet.
Es sieht aus wie elektronisches Sticken von Frauenhaenden auf
Platinen fuer den Profit und ist dennoch ein hocharbeitsteiliger,
maschineller, das heiszt industrieller Vorgang, der -- wie der Film
zeigt -- durchschaubares aber wie wahnsinniges Chaos ist. Herstellung
und Recycling von Computern sind hochgradig irre organisiert, die
Folgen fuers Oekologische und fuers Oekonomische, so nicht mehr
einfach zu trennen, sind fatal. Man sieht die Ueberproduktion und
danach einen Berg von Elektronikschrott, Menschen, die unter dem
Gesetz der steigenden Produktivkraft und staendig zu erweiternder
Maerkte mit Giften schutzlos hantieren. Man sieht den Run auf
billige Notebooks und Polizei, die dieses Eigentum schuetzt.
Stricken, Haekeln, Stricken und Knuepfen galt den Cyberfems als
frauliches Ur-Skill des Netzwerkens. Ich erinnere mich an
Sadie Plant's _nullen + einsen_, wo das Weben zum treibenden
Faktor des Aufkommens der Computer stilisiert wird. Das massenhaft
manufakturelle Sticken unter Lebensgefahr fuer die Arbeiterinnen
der untersten aber entscheidenden Ebene der Computerbranche ist
die ausgemachte Ausbeutung. Das befindet der Film vor allem in
Interviews mit erzaehlenden, reflektierenden Frauen relativ kuehl.
Die These aber, welche Pun Ngai vom Chinese Working Woman Network
aufstellt, naemlich dass der Markt das Bestimmende fuer die Wandlung
der gesellschaftlichen Strukturen und die Installation einer globalen
Werkbank in vor allem China sei, ist ein Blick, der sich mit dem
NGO-strategischen von WEED deckt. Der neue Kapitalismus sei ein
von alten staatlichen Restriktionen und Kontrollen befreiter und
basiere auf Konzernen und globalem Geldkapital. Diese Reform moechte
man mit der Tobin Tax und einer koordinierten Gewerkschaftsbewegung
re-reformieren.
Ob die miserable Situation der Computer-Handarbeiterinnen am
Flieszband, mit den Verbesserungen wie Arbeitsschutzrechten und
hoeheren Loehnen, aber nur _eingehegt_ wird, wie Friedrich Engels
schreiben wuerde[1], ihren Status jedoch grundsaetzlich nicht
aendert, bliebe offen. Der IG-Metaller, der die gewerkschaftliche
Organisation der Arbeiter in China anmahnt, gehoert moeglicherweise
hierzulande zur Kaste des Co-Managements des Profits in Augenhoehe
mit dem Kapitalschutz.
"Das Handy muss lebendig sein!" (FONIC)
Das sogenannte Neo-Liberale und die Repression-Debatte haben aber
zwei Seiten. Die Kapitalisierung noch nicht voll kapitalisierter
Laender birgt, wie zur Zeit der Kapitalisierung/Industrialisierung
Europas, moerderische und emanzipative Momente, u.a. fuer Frauen, die
sich aus den laendlich-familiaeren Strukturen befreien. Der Appell an
die Macht der Konsumenten, die mit ihrem Einkauf die Preise und so
bessere Bedingungen fuer die Proletarier diktieren koennten aber
macht die "Fairglobe Bananen" mit Tastaturen und Joystick nicht
anders. Sie bleiben Ware, werden fuer die Kaeufer blosz moralisch und
fuer ihre Erzeuger immerhin monetaer bessere Ware.
Die lebendige Arbeit wird unter das Kapital subsumiert, das stellt
der Film klar fest. Doch er macht nicht deutlich genug, dass nicht
die Individuen mehr lebendig sind, sondern die Waren des modernen
Lebens, welche die Individuen selber bauen und dann auch noch
bezahlen, haben ihr Eigenleben zu fuehren. Vorgaenge die weder einer
Republik des Volkes noch einem sog. demokratischen Staat entsprechen.
Wenn das Kapital dich braucht, kauft es deine Leistung, wenn nicht,
musst du die Zone verlassen.
Die Lage der Arbeiterinnen in den Sonderwirtschaftszonen ist eher
kein Ergebnis der Globalisierung, die wenn dann bereits mit
der kolonialistischen Ausbeutung begann, also kein neues
weltwirtschaftliches Prinzip ist, und sie ist nicht Resultat einer
geheimen Wertschoepfungskette oder das einer Preistreiberei durch
die Firmen auf dem IT-Markt, und sie ist auch kein Ergebnis der
ungerechten Verteilung der Gewinne, mit den hyperindustriellen
Laendern als Gewinner und den Nachzueglerstaaten als Verlierer.
Die 12 Stunden Arbeit pro Tag bei Foxconn, in denen Mainboards fuer
Intel und Rechner fuer Dell hergestellt werden, gehoeren der
Arbeiterin ja nicht mehr, sie hat sie verkaufen muessen und wird
damit unter Schmerzen in den Konsum einsteigen koennen. Das von ihr
hergestellte Mehrprodukt ist keine reine Ausbeute des globalen
Konkurrenzkampfs ueber den Preis, sondern der Arbeiterin enteignet!
Pun Ngai's Frage, ob die Geschichte damit zu den Anfaengen des
Kapitalismus zurueckkehre, ist insofern zweischneidig. Wenn man die
Ausgabe "Die Industrielle Revolution" des Magazins _GEO Epoche_
durchblaettert, wird darin der Manchester-Kapitalismus in seinen
toetlichen Auswirkungen auf die damals neuen proletarischen Subjekte
und in seinen Oberflaechen von Kauf und Tausch und Finanzkapital gut
beschrieben. Die Darstellung der politischen Struktur seiner
Profitbildung aber bleibt auf dem Niveau von Charlie Chaplin's
_Modern Times_. Zu sehen sind die Kettenwirkungen und die Ketten,
um es leicht pathetisch zu sagen, aber nicht die zur Verkettung
fuehrenden Verhaeltnisse im Zusammenhang.
Die neue Arbeiterklasse in China musste sich bilden/gebildet werden,
damit kehrt (so der Vorschlag fuer die andere Sicht der Dinge) nichts
geschichtlich neuliberal an Anfaenge zurueck sondern setzt sich auf
Basis der Grundsaetze des Kapitalismus fort. Alle Verguenstigungen
fuer die Produktiven sind blosze regulatorische Masznahmen auf der
sympthomatischen Ebene gegen drohenden Kollapse und dazu noch
erkaempft von den Betroffenen selbst. Die bluehende Landschaft auf
dem Monitor des ThinkPad ist somit die doppelte Verheiszung: Sie
wird da sein, so wie diejenigen aus den kreativen Mittelklassen, die
das hier lesen, sie antisolidarisch oder solidarisch antizipieren.
Der Film hat im Berliner Kino "Central" heute am Samstag, den
19. April, um 16:30 Uhr seine Premiere. Er kann bei WEED fuer
10,00 EURO bestellt werden: http://www.weed-online.org
Matze Schmidt
_______________
[1] Friedrich Engels. _Die Lage der arbeitenden Klasse in England_.
http://www.mlwerke.de/me/me22/me22_265.htm
------------------------------------------------------------------------
3.
"Wenn du bei den Behörden eine Anfrage machst, bestätigt sie das nur
in ihrem Drang, Druck auf dich auszuüben. Es bedeutet auch, ihnen die
Hinweise darauf zu geben, wo sie dich am meisten treffen können. Sie
können sehr freundlich mit dir sein – aber du musst dir darüber im
Klaren sein, dass sie im Kopf eine vollkommen andere Position haben.
Ihre Absicht ist es, dich zu ruinieren – aber sie werden dir immer
sagen, dass sie für dein Leid keine Verantwortung tragen. Das ist ihre
Berufsethik. Das einzige Hilfsmittel für uns als direkte Opfer ist
es, gemeinsam eine konkrete Strategie zu entwerfen, die dieser
faschistoiden Verwaltungsstruktur entgegenstehen kann, die diesem
System gegen die Flüchtlinge hier eingepflanzt worden ist."
(E-Mail Date: Mon, 14 Apr 2008 02:47:57 +0200 (CEST), Subject: Wir
rufen zur Schließung der Isolationslager in Deutschland auf!, From:
"The VOICE Refugee Forum"
+
Zug der Erinnerung
http://www.zug-der-erinnerung.eu/
Die historischen Deportationen und Morde, und die aktuellen Lager in
der BRD, muessen aufeinander bezogen werden!
Yelena Simc
------------------------------------------------------------------------
4.
Rezension von Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot_ 30
LaFee zu hoeren ist nicht ungefaehrlich. Schweinische Kapitalistager-
Traeume werden zynisch vorgetragen. Die Branche passt sich ohnehin
den Absatzmoeglichkeiten an, die Tontraegerindustrie erwirbt Anteile
an der Konzertindustrie. Aber die Ideologie von eine Ressource
des Geistigen im Land der Ideen versickert nicht so schnell. Sogar
deutsche Bands mit sogar einem Stern im Logo unterzeichnen und jedes
"La la la la" aus der Zweiraumwohnung klingt nach "Gib mir dein Geld":
http://www.heise.de/bilder/106992/0/1
"4.1 Property Rights, der Principal und sein Agent –
die moderne, bürgerliche Theorie des Eigentums
als Legitimation des Privateigentums
Die Property Rights Theorie versteht sich selbst als Ergänzung und
Fortschrei-bung der neoklassischen Volkswirtschaftslehre. Einer der
wichtigsten Vertreter ist der Ökonom Douglass C. North. Da die
Neoklassik die Dynamik wirtschaftli-cher Entwicklung mit ihren
statischen Modellen nicht befriedigend erklären konnte, skizzierte
North eine „neue Sicht der Wirtschaftsgeschichte". Die Beschleunigung
des wirtschaftlichen Wachstums seit der steinzeitlichen Revolution,
seit dem Ãœbergang zur Agrarwirtschaft und seit der modernen
industriellen Revolution erklärte er mit einer Theorie der Verfügungs-
und Eigentumsrechte (Property Rights), wobei die Kernthese seiner
historischen Untersuchung lautet, dass Länder, deren Staaten
gesicherte Eigentumsrechte durchsetzen konnten und können, eine
„effi-zientere Wirtschaftsleistung" generieren als Länder, die über
wenig oder keine gesicherten Eigentumsrechte verfügen. Getreu der
neoklassischen Vorstellungs-welt liegen der Property Rights Theorie
zwei zentrale Annahmen zugrunde: (1) Die Wirtschaftssubjekte streben
danach, ihren (nach je individuellen Kriterien bestimmten) Nutzen zu
maximieren;"
Siehe Adam Smith und die klassische Nationaloekonomie.
"(2) die Nutzen spendenden Güter (Produk-te, Dienstleistungen, aber
auch freie Zeit) sind jedoch - gemessen an der Unbegrenzt-heit der
Bedürfnisse - knapp. In den historischen Untersuchungen von North
erscheinen gesellschaftliche Organisationsformen wirtschaftlicher
Prozesse grund-sätzlich entweder über den Markt oder eine
hierarchische Lenkung (durch den „Herrscher") gesteuert. Als
„effizient" betrachtet North eine Wirtschaft, in der das
nutzenmaximierende Verhalten der Subjekte zu einer Ausstoßsteigerung
führt:
„Die Ausdrücke `effizient' und `ineffizient', wie in der vorliegenden
Arbeit verwendet, dienen zum Vergleich der Auswirkungen zweier
Nebenbedingungen: Im einen Fall wird maximie-rendes Verhalten der
Teilnehmer Ausstoßsteigerungen bewirken, im anderen nicht" (North
1988: 7, FN 2).
Bei der Beantwortung der Frage, wie Herrscher oder Staaten das
maximierende Verhalten der Wirtschaftssubjekte in der Vergangenheit
bis in die Gegenwart ent-sprechend beeinflusst bzw. gelenkt haben,
spielt der Begriff der „Transaktions-kosten" eine zentrale Rolle.
Ergänzend zur Neoklassik, bei der die Produktions-kosten aus den
Produktionsfaktoren Boden, Arbeit und Kapital entspringen, er-weitert
North das Modell um Aufwendungen, die bei der Transaktion der Güter
entstehen, also für „Abgrenzung, Schutz und Durchsetzung der
Eigentumsrechte an Gütern" (North 1992: 33). Zu diesen so definierten
Transaktionskosten zählt North zum einen die Messungskosten (Preis für
die Informationen über Größe, Qualität und Beschaffenheit eines
Gutes), zum anderen nennt er die Erfüllungs-kosten (Aufwendungen für
Vertragserfüllung). Je arbeitsteiliger die Marktwirtschaft
115
ist, desto größer werden die Transaktionskosten, da die Tauschvorgänge
komple-xer und anonymer werden. Da nun aber „exklusive Eigentumsrechte,
die dem Eigentümer etwas einbringen" (North 1988: 93) nach North einen
unmittelbaren Anreiz „zur Erhöhung von Effizienz und Produktivität"
bieten, kann der Staat Transaktionskosten senken, indem er gesicherte
Eigentumsrechte etabliert."
Bestaetigt diese die Vorgaenge in der BRD?:
"Bundeskanzlerin will Kampf gegen Produktpiraterie zur Chefsache
machen - China verurteilt erstmals Raubkopierer
Bundeskanzlerin Merkel will den Kampf gegen Produktpiraterie und
Raubkopien zur Chefsache machen. Es gehe um den Schutz von
Industrie-Patenten ebenso wie um die Urheberrechte von Künstlern,
erklärte Frau Merkel in ihrer Videobotschaft zum Welttag des geistigen
Eigentums. Gestern hatten 200 deutsche Künstler in einem Offenen Brief
um die Unterstützung der Bundeskanzlerin gebeten. In China wurde heute
erstmals ein Mann wegen Produktpiraterie zu einer Haftstrafe
verurteilt. In seinem Geschäft waren mehr als 10.000 DVD-Raubkopien
sichergestellt worden."
(Deutschlandradio 18 Uhr Nachrichten, Sa., 26.04.2008)
Im sogenannten Principal-Agent-Modell kommt dies zum Tragen: Der
Principal kann bei zunehmender Arbeitsteilung der Marktwirtschaft die
Leistung seines Agenten nicht mehr direkt messen und überwachen und
muss vermehrt Kontrollkosten aufwenden. Diese können gesenkt werden,
indem der Principal seinem Agenten Verfügungsrechte an dessen Arbeit
abtritt, da ihn das zu höherer Produktion motiviere.2 Eigentumsrechte
bestimmen also, wo am meisten Nutzen zu erwarten ist, und stellen
insofern einen Anreiz in eine bestimmte Richtung dar. Tatsächlich
ist dieser Zusammenhang nach North die eigentliche Ursache für die
„Erste Wirtschaftliche Revolution", die nicht deshalb eine war, weil
„sie die hauptsächli-che Wirtschaftstätigkeit des Menschen vom Jagen
und Sammeln zur Landwirtschaft verla-gerte. Sie war eine Revolution,
weil dieser Übergang für den Menschen eine ganz grund-legende
Verschiebung der Anreizstruktur bewirkte" (ebd.).
Diese Anreizveränderung ist nach North eben in den unterschiedlichen
Eigentums-verhältnissen der beiden Systeme begründet:
„Wenn die Subsistenzmittel im Gemeineigentum stehen, so gibt es wenig
Anreiz zum Erlernen einer besseren Technik oder zum Erwerb größeren
Wissens. Im Gegenteil: Ex-klusive Eigentumsrechte, die dem Eigentümer
etwas einbringen, bieten einen unmittelba-ren Anreiz zur Erhöhung von
Effizienz und Produktivität" (ebd.).
_______________
2 Auch bezüglich Messung und Information spielt der Staat nach North
eine entscheiden-de Rolle. Mittels Standardisierungen (z.B. DIN)
oder der Sicherung der flächendecken-den Gültigkeit herrschender
Zahlungsmittel erleichtert er Tauschvorgänge, indem er Unsicherheit
mindert. Aber selbst wenn die Tauschvorgänge durch den Staat
annähernd reibungslos gesichert sind, besteht nach North die Gefahr,
dass der Mensch (als nutzen-maximierendes Individuum) dennoch
versucht zu „betrügen": „Aber man kann die Vertragserfüllung nicht
als Selbstverständlichkeit betrachten. (...) ... ohne institutionelle
Schranken wird selbstsüchtiges Verhalten komplexe Tauschvorgänge
behindern" (North 1992: 39). Vermeiden könne man Betrug nur, wenn
die Tauschvorgänge als „gerecht" empfunden werden. Ob aber ein
gesellschaftliches Tauschsystem für „gerecht" gehalten wird, also
von den Beteiligten mit all seinen Regeln akzeptiert wird, hängt
wiederum ab von der herrschenden Ideologie. Die Ideologie kann nicht
nur bewirken, dass die Indivi-duen trotz ihres selbstsüchtigen
Wesens nicht betrügen, sie kann auch „redliches" Arbeits-verhalten
fördern: „(...) der Unterschied zwischen Arbeitern, die `fleißig'
oder `gewissen-haft' sind oder `schwer arbeiten' und denen, die
`faul' oder `ungeschickt' sind oder `sich drücken', ergibt den
Unterschied in deren Ausstoß als Folge davon, wieviel die ideolo-
gische Überzeugung zur Vermeidung von Drückebergerei beiträgt"
(North 1988:48)."
Das Leben der Staat, der Staat als gerechtes Tauschsystem fleisziger
Produzenten unter ahistorisch vorausgesetzter Kapitalbildung.
"116
Demnach erklärt diese Anreizveränderung auch den
„raschen Fortschritt, den die Menschen in den letzten 10.000 Jahren im
Unterschied zu ihrer langsamen Entwicklung in der langen Zeit des
primitiven Jagens und Sammelns davor verzeichnete" (ebd.).
„Effiziente Institutionen" sind damit bestimmte Eigentumsrechte, die
dazu füh-ren, dass die Produktion einer Wirtschaft erhöht wird. Diese
Eigentumsrechte sind dann effizient (also erhöhen den Ausstoß der
Produktion), wenn die Trans-aktionskosten gering sind. Sind die
Transaktionskosten gering, also die Eigentums-rechte gesichert, dann
generiert dies auch den Anreiz für das einzelne Individu-um, Wissen
und Produktivität zu erhöhen.3 Eine sichere Erfüllung von Verträgen,
und in diesem Kontext meint North Verträge zur Eigentumssicherung,
führt also zu einer höheren Effizienz von Wirtschaften. Verkürzt
ausgedrückt: Je gesicherter die Eigentumsrechte, desto effizienter
die Wirtschaft.4"
Womit er vielleicht nur zum Teil recht behaelt. Der Schwarzmarkt und
die Schattenwirtschaft sind offenbar immens grosz und haben ihren
effizientischen Anteil an der Bildung von Profiten neben dem System
des Eigentumsrechts.
Interessant: Am Schnittpunkt Regulation treffen sich offenbar
Neoklassiker mit den Globalisierungskritikern. Fuer jene bedeutet
eine Ordnung nach Recht und Gesetz eine gerechte Ausbeutung.
"4.2 Naturalisierung als Prämisse und die historische
Rückprojektion moderner Kategorien
North verfolgt zwar das Anliegen, eine Wirtschaftsgeschichte zu
schreiben, bleibt aber darin eigentümlich ahistorisch. So kennt er im
Grunde nur zwei Zustände, einen mit „gesicherten" oder „effizienten"
Eigentumsrechten, und einen anderen mit „nicht gesicherten" oder
„weniger effizienten Eigentumsrechten". Eigentum selbst ist ihm eine
offensichtlich überhistorische Institution. Die historisch un-
terschiedlichen Funktionsweisen von Eigentum werden von North nicht
näher differenziert, vielmehr wird vom jeweiligen gesellschaftlichen
Wirkungskontext abstrahiert. Besonders deutlich wird das bei seiner
Definition des solchermaßen überzeitlich begriffenen Eigentumsrechtes,
das nach North „das Recht des Aus-schlusses Dritter" beinhaltet (North
1988: 21). Ohne etwas vorwegnehmen zu wollen, sei hier bereits
erwähnt, dass beispielsweise Eigentum im Mittelalter mitnichten die
Macht ausschließlicher Verfügung über die Sache meinte (Hecker
1990:74). Bis in das 19. Jahrhundert hinein war im größeren Teil
Europas der
_______________
3 Bezüglich der Vertragserfüllung macht North diesen Zusammenhang
nochmals deut-lich: „Aber, wie ebenfalls schon betont, ist die
Unfähigkeit von Gesellschaften, wirk-sam und mit geringen Kosten die
Erfüllung von Verträgen zu sichern, die wichtigste Ursache sowohl
historischer Stagnation wie auch der Unterentwicklung der Dritten
Welt der Gegenwart" (1992: 65).
4 Diese einfache Formel wird in verschiedensten Varianten als
Erfolgsrezept für die Ökonomien von Transformationsländern und
Entwicklungsländern empfohlen. Bei-spielhaft ist der besonders im
Westen gefeierte peruanische Ökonom Hernando de
117
Boden der entscheidende Produktionsfaktor, aber es gab kein
Bodeneigentum im Sinne des modernen Eigentumsbegriffs, „d.h. einer zum
Ausschluß Dritter be-rechtigenden willkürlichen Verfügungsgewalt"
(Rittstieg 1975: 3). Auch der Be-griff der Effizienz wird für alle
Epochen gleichermassen und vor allem für alle gesellschaftlichen
Verfaßtheiten allgemein gültig benutzt. North sieht in „gesi-cherten
Eigentumsrechten" das zentrale Mittel zur Herstellung einer
„effizienten Wirtschaft". Dies bedeutet, dass das nutzenmaximierende
Verhalten der Individu-en zu einer Steigerung des „Ausstoßes" führt,
wenn die Eigentumsrechte entspre-chend gesichert sind. Eine Steigerung
des Güterausstoßes beschreibt nun aber den Produktionszweck
beispielsweise für eine bestimmte Phase des real existie-renden
Sozialismus, mitnichten den des Kapitalismus. North begreift also
nicht nur die Kategorie des Eigentums überhistorisch, sondern
verfährt eben so beim Effizienzbegriff (vgl. die Kritik am Konzept
„Effizienz" in Kapitel 7.2).
An einer weiteren Stelle in seiner Untersuchung definiert North
Eigentums-rechte als Rechte, die „der einzelne an seiner eigenen
Arbeit und an den Sach-und Dienstleistungen in seinem Besitz erwirbt"
(North 1992: 39). Bei einem Recht aber, welches der einzelne an seiner
Arbeit und an den Dingen in seinem Besitz erwerben kann, ist die
Inbesitznahme bzw. der Prozess der Aneignung ausgeblen-det. Wie diese
Inbesitznahme geschehen ist und vor allem, wie dies legitimiert werden
kann, ist offensichtlich kein Thema. Das ist auch nicht mehr nötig,
denn die individuelle ausschließende Aneignung von Natur hatte bereits
John Locke einige Jahrhunderte früher legitimiert (vgl. Macpherson
1980; 1977). Seine Eigen-tumstheorie wurde mit ihrer Entstehung Ende
des 17. Jahrhunderts zur „weltli-chen Bibel" des Bürgertums (Rifkin
2000: 107), sie ist als solche in den Kanon des bürgerlichen
Rechtsdenkens und damit auch in die Property Rights Theorie ein-
geflossen (vgl. Nuss 1999). Was heute als selbstverständlich gilt,
nämlich die indi-viduelle Aneignung von Natur, musste John Locke noch
rechtfertigen und er tat dies naturrechtlich: Im Naturzustand, so die
damalige Vorstellung, herrscht voll-kommene Freiheit und Gleichheit
(die wiederum nur durch Naturgesetze be-schränkt werden) und es gibt
kein individuelles Eigentum: Gott hat die Erde den Menschen gemeinsam
gegeben. Da es aber das erste Naturgesetz ist, die Schöp-fung und
damit auch den Menschen zu erhalten, muss der Mensch sich in irgend-
einer Form Nahrung verschaffen. Diese Tätigkeit nun, das Pflücken
einer Frucht beispielsweise, betrachtet Locke als individuelle
Aneignung und diese Aneignung - dies ist der Springpunkt - begründet
zugleich das Recht auf Eigentum:
_______________________________________________________________________
Soto. In seinem ins Deutsche übersetzten Buch mit dem vielsagenden
Titel „Freiheit für das Kapital! Warum der Kapitalismus nicht
weltweit funktioniert" (De Soto 2002) führt De Soto seine
Kernargumentation aus, wonach das Elend der Entwicklungslän-
der auf eine fehlende Sicherung der Eigentumsrechte zurück zu führen
ist.
118"
Und das Eigentuemliche ist von Gott gegeben. Und so will Gott auch
die unordentliche Vereigentuemlichung von Produkten der Kreativen in
Deutschland oder China und nirgendwo nicht.
Ali Emas
Sabine Nuss. _Copyright & Copyriot: Aneignungskonflikte um geistiges
Eigentum im informationellen Kapitalismus_. Muenster: Westfaelisches
Dampfboot, 2006. 269 S. - EURO 19,90. Erschienen: Oktober 2006
========================================================================
Sie erhalten den n0name newsletter, weil sie da sind!/You get the
n0name newsletter, because you are there!
*Bitte weiterleiten!/Please forward!*
(c) 1999-2008 n0name, die Autorinnen & Autoren und die Maschinen
Unterstuetzt von XPECT MEDIA http://www.xpect-media.de
Sponsored by FONDS Dank an >top e.V.
------------------- Ende des n0name newsletter #127 --------------------
--
GMX startet ShortView.de. Hier findest Du Leute mit Deinen Interessen!
Jetzt dabei sein: http://www.shortview.de/?mc=sv_ext_mf@gmx
------------------------------------