Received 09. 03. 2006 -- 00:26 from
fromKRAMER-AUSSTELLUNG
Ankündigung einer Ausstellung im Institut für vergleichende Irrelevanz
(ivi), Kettenhofweg 130, 60325 Frankfurt/ Main
09.03., 20 uhr: eröffnung. vortrag von dr. astrid hansen (landesamt für
denkmalpflege schleswig holstein)
23.03., 20 uhr: zu ferdinand kramers arbeiten - intention und realität.
vortrag von prof. lore kramer (werkbund hessen e.v.)
veranstalter: institut für vergleichende irrelevanz in zusammenarbeit mit
dem werkbund hessen e.v.
Vom 09.03. bis zum 09.04.2006 wird im ivi unter dem Titel: "sozialer
gebrauchswert, funktionale architektur und möbel. raum für kritik und
kooperatives leben" eine Ausstellung mit Werken von Ferdinand Kramer zu
sehen sein.
Kramer kam Anfang der 1950er Jahre aus dem amerikanischen Exil nach
Frankfurt und wurde von der damaligen Universitätsleitung mit der
Gestaltung des neuen Campus in Bockenheim beauftragt. In der Folge entwarf
und verwirklichte er bis Mitte der 60er Jahre über zwanzig
Universitätsbauten, die an das "Neue Frankfurt" der 20er Jahre anknüpften
und in Form und Inhalt mit dem nationalsozialistischen Erbe radikal brachen.
Sein erster Schlag der Befreiung galt dem Portal zum
wilhelminisch-autoritären Uni-Hauptgebäude (Jügelhaus in der Mertonstraße),
das er mit dem Bagger einreissen ließ und durch das - in
weiten Teilen bis heute erhaltene - "demokratisch-transparente" Glasportal
ersetzen ließ. Der daraufhin einsetzenden Welle der Empörung begegnete er
mit spitzer Geste - an das Fußfragment einer Portalfigur klebte er einen
Zettel mit der Aufschrift: "Dem Empörten zum Trost. Vom Barbar. Dieser Stein
fiel mir vom Herzen am 17.5.53, 17 Uhr nachmittags. Kramer".
Auch in der Folge blieb der progressive Charakter von Kramers Architektur
stets ungewollter Fremdkörper, wie der rohe Umgang mit seinen Gebäuden bei
Renovierungen und Umbauten dokumentiert. Das mangelnde Verständnis seiner
Absichten drückt sich auch in den zahlreichen Neubauten aus, die ohne jedes
Gespür für die von ihm geforderte "kooperative" Gestaltung des Raums
zwischen die bestehenden Gebäude geklatscht wurden, so dass vom
ursprünglichen "Kramer-Campus" letztlich nur eine große Betonpfütze übrig
blieb.
Und Heute? Die Uni Frankfurt zieht um auf den IG-Farben-Campus, der als
solcher nicht nur nicht beim Namen genannt wird ("Poelzig-Ensemble"),
sondern dessen herrschaftlicher Charakter geradezu begrüßt wird.
Gleichzeitig stehen die verbleibenden Kramer-Bauten zwar unter
Denkmalschutz; dieser wird aber kontinuierlich ausgehebelt und umgangen, da
er dem Interesse am Geschäft entgegensteht. Dahinter steht aber auch ein
Geschichtsrevisionismus, wie er deutlicher kaum ausfallen könnte: Die
barbarische Geschichte des Holocaust, für die der IG-Farben-Komplex steht,
geht auf im elitären Sonnenschein des "Westend-Campus", während der
radikal-demokratische Bruch mit dem Nationalsozialismus, wie er sich in den
Kramer-Bauten ausdrückt, dem Abriß überlassen wird.
Mit der Ausstellung richten wir uns gegen diese Form der
Geschichtsschreibung, wie sie durch die Unileitung betrieben wird, und
wollen dazu beitragen, das Werk Ferdinand Kramers zu würdigen und zu
erhalten.
Öffnungszeiten: Dienstags und Sonntags, 15 - 19 Uhr
Ort ist übrigens das ehemalige "Amerika-Institut" (IAES), eines von Kramers
ersten Gebäuden nach seiner Rückkehr aus dem Exil, das die Uni-Leitung
bereits zum Verkauf ausgeschrieben hat.
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