Received 24. 04. 2006 -- 00:17 from
fromRe: Fuer den natuerlichen Tod des Kunstwerks
perfekt. besser hätte ich es auch nicht schreiben können.
Am 23.04.2006 um 21:48 schrieb bonzo [at] signifikat [dot] de:
Manifest fuer den natuerlichen Tod des Kunstwerkes
Wo ist Hoffnung, wenn mit zunehmendem Alter die Hautoberflaeche
gleich der Erfahrung zunimmt und sich zu kraeuseln beginnt wie
die Seeoberflaeche beim ersten Hauch des Herbstwindes? Wer
glaettet die Sorgenfalten? Wer verscheucht die Kraehen, die
durchs Gesicht fusseln? Nicht Ellen Betrix. Nicht Oil of Olaz.
Freunde schmeisst die Tiegel und Tuben sortiert in den Muell.
Unsere wahre Hoffnung ist die Kunst! Die vergeht nicht. Die
wird mit zunehmendem Alter immer besser, wie guter Wein.
Und das Wunderbarste: sie altert spurenfrei. Schauen wir ein
wenig neidvoll in die Restaurierungs-kammern der Museen.
Schauen wir bewundernd zu den Pigment-Doctores auf: sie haben
das Geheimnis ewiger Jugend entdeckt! Und wieder haengt
Leornardos laechelnde Schlampe mit 500-jaehriger Samthaut wie
ein Pfirsichpopo im Rahmen.
Ja, warum denn? Ja, was soll das? Warum wird auf Sixtina
komm raus erhalten, bewahrt und retuschiert?
Machen wir uns nichts vor: die zwanghafte Erhaltung von Kunst,
die umfassende Durchaesthetisierung des Alltags, die staendige
Reanimation und Wiederentdeckung vergangener Kunstepochen ist
nur Ausdruck der heutigen Phobie vor Alter, Runzeln und Tod.
Kunst als zeitlose Konstante ist die Wunschprojektion der
altersfreien Gesellschaft, ein verkehrtes Dorian-Gray-Syndrom.
Und dabei entspricht die staendige und zwanghafte Restaurierung
alter Kunstwerke genau dem Face-Lifting des Schoenheitschirurgen.
Der Erhalt abrissreifer Schrottbauten dem Jogging-Widerstand
gegen erschlaffendes Fleisch.
Nehmen wir die Dresdner Frauenkirche: der historische Prozess
wird umgekehrt und das ausgebrannte Symbol einer Gewaltherrschaft
wird mit weltweitem Spendenaufkommen versoehnlich zurueckidyllisiert.
Die Dresdner Frauenkirche ist die erste globale Kirchturmpolitik.
Frueher lehnten die Avantgarden das Altbackene ab: Wenn Marcel Duchamp
Mona Lisa einen Bart malt, sagt er, dass diese Kunst einen Bart hat.
Marinettis futuristische Rennwagenbegeisterung blies fuer Nike die
Totenhupe.
Heute ist Nike eine wohlgenaehrte Sportmarke, die alles daransetzt, die
Fiktion des sportlichen Jugendlichen bis ins Grab zu verlaengern.
Denn Infantilisierung, das ist die andere Seite der Medaille:
Jugendliche und Erwachsene tragen Kleidergroessen, in die sie
niemals hineinwachsen koennen, selbst, wenn sie die Wachstums-
geschwindigkeit von 6jaehrigen besaessen. Trendsportgeraet der
Mittdreisiger war noch kuerzlich der Tretroller, dem sich frueher
schon Vierjaehrige entwachsen fuehlten und lautstark ein
Fahrrad forderten.
Und natuerlich schauen die Erwachsenen Tierfilme, die
abendfuellend jedes Fernsehprogramm beherrschen.
Waehrend Kunst frueher komplex die Welt rumwuerfelte, reagiert
sie heute allzu oft devot mit Basiserfahrungen zum Tasten,
Schmecken, Sehen, kurz mit Sinneszirkeln fuer Infantilgebliebene.
Das darf nicht sein! Wir sind das Ende der Fahnenstange!
Stand am Anfang der Moderne mit Raffael die Einstellung des
ersten Denkmalpflegers, so muessen wir ihm, nach ihrem Ende,
jetzt endlich und schleunigst die Entlassungspapiere schreiben.
Wir fordern:
1. Falten fuer Mona Lisa
2. Verbot von Kunstdrucken
3. Schluss mit Ausstellungen der klassischen Moderne
4. volles Licht in die Museen
5. kunstfreies Wohnen
6. Foerderung der net.art (vergeht von selbst)
7. saeurehaltiges Papier
8. Verknappung der Oelfarbenreserven
9. Abschaffung des Publikums
10. Kunstpause
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Das Manifest schickt:
krachkunstkommune
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http://www.kunsttot.de