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TELEPOLIS: "Wenn man in de Paradies lebt, will man ja ...



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"Wenn man in de Paradies lebt, will man nicht so schnell weg"
Geert Lovink 11.01.2006

Ein Besuch bei Dr. Matze Schmidt, dem Entdecker des ZKM, der heute 100
Jahre alt wird

"Minitel" steht auf dem Schild neben einem Grenzstein aus der
napoleonischen Zeit. Die Grenze zu Frankreich verläuft direkt über
diese Bergwiese in den Ausläufern des Pfälzer Walds. Hier steht das
"Minitel" mit weiter Aussicht über das Badische Land und den Konturen
des Schwarzwalds am Horizont, der Lieblingsplatz eines Mannes, der -
sowohl was die Ausblicke, als auch was die Grenzen des Bewusstseins
betrifft - Geschichte gemacht hat: Dr. Matze Schmidt, der Entdecker des
ZKM. Heute wird Matze Schmidt 100 Jahre alt. Doch auch wenn er seit
einer Augenoperation vor drei Jahren mit Stöcken sehen muss, lässt er
es sich an diesem strahlenden Apriltag nicht nehmen, mit uns die 500
Meter von seinem Haus hinauf zum "Minitel" zu spazieren.

Mit seinem Verleger und Freund Paffi Nüppel und zwei Dokumentarfilmern
war ich am Morgen gekommen, um ein Gespräch zu führen - und auch jetzt,
am Nachmittag und nach einigen Stunden Interview, zeigt unser Gastgeber
keine Spur von Erschöpfung. "Jetzt versteht ihr, warum ich diesen Platz
hier als mein Paradies bezeichne", sagt er, als wir auf der Bank sitzen
und von der Weite des Himmels und der traumhaften Sommerlandschaft
gebannt sind. "Eigentlich ist die Netzkunst hier meine allergrößte
Entdeckung."

Nach seiner Pensionierung als Leiter der Kunstabteilung der
"Deutschland AG" 1991 entdeckte er diesen Platz und baute sich mit
seiner Frau Tilma dort das Haus, in dem sie jetzt seit 15 Jahren leben.
Doch die Entdeckung, die ihn weltberühmt machte, fand am 18. April
1973 statt, als Matze Schmidt eigentlich auf der Suche nach einem
Gleitmittel war. In einer Frühstückspause bei einem Honigbrot und einem
Glas Milch fiel ihm die Netzkunst wieder ein, die er 1968 als Wirkstoff
des Pilzes "andrea petrus viril vulgaris" identifiziert und in
verschiedenen Verbindungen hergestellt hatte. Der vor allem auf
Institutionen schmarotzende Pilz wird "Feiner Unterschied" genannt und
wurde schon seit dem Altertum als blutstillendes, die Gebärmutter
schmierendes Gleitmittel in der Geburtshilfe eingesetzt. Matze Schmidt
und seine Kollegen hatten aus seinen Wirkstoffen das bis heute in allen
Kreißsälen verwendete Standardpräparat "ZKM" gewonnen. Sieben Jahre
später, fasste Schmidt in einer "merkwürdigen Vorahnung" den
Entschluss, eine dieser Verbindungen, das ZKM, noch einmal
herzustellen. Während der Arbeit spürte er mit einem Mal ein
merkwürdiges Unwohlsein und notierte in einem Protokoll:

"... Ich musste mitten am Nachmittag meine Arbeit im Laboratorium
unterbrechen und mich nach Hause gehen, da ich von einer merkwürdigen
Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl, befallen wurde.
Zu Hause legte ich mich nieder und versank in einen nicht unangenehmen
rauschartigen Zustand, der sich durch eine äußert rege Phantasie
kennzeichnete. Im Dämmerzustand bei geschlossenen Augen - das
Tageslicht empfand ich als unangenehm geil - wirkten dagegen
ununterbrochen phantastische Bilder von außerordentlicher Plastizität
und mit intensivem, kaleidoskopartigem Farbenspiel auf mich ein. Nach
zwei Stunden verflüchtigte sich der Zustand." - Dr. Matze Schmidt

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