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[thing-group] Received 26. 09. 2005 -- 14:58 from from

innovationszensur

Kürzlich hatten wir erst den fall, dass unser geschätzter Bonzo von der
stuttgarter mailingliste betacity gestrichen wurde.

Im kontext dazu liest sich eine interessante stelle bei Boris Groys:

In der Tat würde die Abschaffung der Innovationszensur mit höchster
Wahrscheinlichkeit die Abschaffung jeder Zensur bedeuten, denn uns
stehen keine weiteren legitimierenden Begriffe zur Verfügung jenseits
von Identität und Differenz. So müssen wir mit der Möglichkeit rechnen,
daß die kulturellen Institutionen, die den staatlichen oder
gesellschaftlichen Auftrag haben, darüber zu entscheiden, was gut und
was schlecht ist, endgültig ihre Legitimation verlieren. Unter diesen
Umständen, wenn es keine Kriterien und keine unabhängige Instanz mehr
geben wird, um den kulturellen Wert eines Werks zu bestimmen, wird es zu
einer direkten Konkurrenz unter den unterschiedlichen kulturellen
Ansätzen und Werken kommen, wie sie schon jetzt im Bereich der
Massenkultur stattfindet.

Die Einschätzung der kulturellen Kompetenz des Produzenten wie des
Rezipienten wird damit entscheidend für das Verständnis des Werks. Aber
man weiß heutzutage kaum mehr, was die anderen Leute lesen, sehen oder
denken. Diese neue Befindlichkeit äußert sich im Alltag beispielsweise
durch das zunehmende Absterben des Humors als einer primären Form der
kulturellen Kreativität. Da keiner mehr weiß, was der andere weiß, ist
Humor unmöglich geworden:

Wenn man eine Bemerkung hört, hat man keine
Mittel mehr, um festzustellen, ob diese Bemerkung ironisch gemeint war
oder nicht, denn in unserer pluralistischen Gesellschaft können wir
keine Meinung von vornherein als »unseriös« einstufen. So zieht man es
vor, auch bei einer offensichtlichen widersinnigen Bemerkung ernst zu
bleiben, um den Sprechenden nicht zu beleidigen; falls er sie ernst
gemeint haben sollte. Erst wenn der Sprecher versichert, daß seine
Bemerkung ironisch gemeint war, zwingt man sich zum Lachen - jetzt um den
Sprechenden nicht durch die ernste Miene zum zweiten Mal zu beleidigen.

Logik der Sammlung

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