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[thing-group] Received 27. 03. 2006 -- 17:14 from from

Fwd: [esf-kultur] KunstsystemAlsPostfordistischesUnternehmen



Anfang der weitergeleiteten E-Mail:

> sicherlich hat die postfordistische produktion folgen auch und
> gerade im bereich der kunstproduktion gezeitig - jedoch würde ich
> hier eher argumentieren, dass die künstler als vorreiter einer
> subjektivierung dienten, die dem arbeiter vorgaukelt er sei nicht
> länger von den produktivkräften getrennt. also der künstler ist
> nicht nun letztendlich auch noch teil der postfordistischen
> abeitsorganisierung geworden, sondern seine moderne romantisierung
> ist genau dasjenige ideologische modell an dem sich nun abhängig
> beschäftigte orientieren sollen.
>
> daraus entstehen gesellschaftlich absurde härten: künstler sollen
> ihren gesellschaftlichen mehrwert nachweisen und angestellte ihre
> freiheit vom beschäftigungsverhältnis.
>
> die politisierung des modernen künstlersubjektes durch die avant-
> garden, sprach ( wo sie sich mit der eigenen rolle innerhalb der
> industriellen massenproduktion auseinandersetzen) dem künstler eine
> macht zu die ihn systematisch vom arbeiter oder allgemeiner von
> produzenten auf anderen gebieten, unterschied: im gegensatz zu den
> anderen produzenten war der künstler nicht getrennt von den
> produktionsmitteln. der künstler selbst ist ein berufsbild
> innerhalb der arbeitsteilung aber seine tätigkeit begleitet das
> produzierte objekte von planung bis realisierung.
>
> genau diese freiheit von der mehrwertproduktion (im feld der kunst
> ideologie ebenso wie chance) wurde im laufe der postfordistischen
> produktion zum stereotyp der allgemeine produktion ausgeweitet (und
> hier gewalt): das klassische modell der fordistischen fabrik, des
> sozialzusammenhangs arbeitsplatz wurde ersetzt durch scheinbar
> selbständige beschäftigungen - eigentlich bloss eine
> multiplizierung und verfielfachung der abhängigkeitsverhältnisse.
>
> einschub:
>
> marx beschreibt im kapital band I die "ursprüngliche akkumulation"
> also sozusagen die urbarmachung der welt für die kapitalistische
> massenproduktion. der zentrale punkt dieser urbarmachung besteht
> darin die produzenten von den produktivkräften zu trennen und sie
> so zu nötigen a) ihre arbeitskraft auf dem freien markt anzubieten
> und b) ihre eigene arbeit als entfremdet wahrzunehmen, ihr also
> keine sinn mehr beimessen zu können, da das produkt der
> arbeitsteilung vom standpunkt des spezialisierten handgriffes des
> einzelnen produzenten nicht wiederzuerkennen ist.
>
> wie im warenfetischkapitel dargestellt, treten in der
> kapitalistischen arbeitsteilung dem arbeiter die produkte der
> eigenen arbeit als quasi natürliche gegenstände, als waren, gegenüber.
>
> einschub ende
>
> der postfordismus legt, wie im herumgesandten abschnitt ja
> festgestellt, die verantwortung der produktion - nicht aber ihre
> mittel - in den schoss der produzenten. durch die prekarisierung
> der arbeit, die vielbeschäftigung, das deskilling und die
> erzwungene chaotisierung der lebenswege wird aus den "abhängig
> beschäftigten" des fordismus, scheinbar frei umherschweifende
> produzenten des postfordismus - deren abhängigkeit sich jedoch nur
> noch verstärkt hat. zum einen weil die trennung vom modell der
> firma die solidarität unter den arbeitenden in fetzen reisst, zum
> anderen weil diese individualisierung des arbeitskampfes seine quer
> über die erwerbsmöglichkeiten verteilten lohnarbeiten als in die
> position bringt ihre unterschiedlichen tätigkeiten als immateriell
> wahrzunehmen, als unverbunden, völlig vom material unabhängig und
> sinnlos...
>
> ich glaube daher nicht, dass der übergang von der vereinzelung der
> produzenten in die 'prostitution' führt: seinen körper als
> arbeitskraftbehälter verkaufen menschen seit beginn des
> kapitalismus, sondern dass die individulaisierung der
> arbeitsverhältnisse wie auch der künstlerbiografien das körperliche
> aus der produktion verschwinden lässt. es taucht auf - aber als
> brand, als marke als oberflächenstruktur. die postfordistische
> vereinzelung führt zu einem verschwinden der realen produktion
> unter den oberflächen: auf die sich ebenso die ideologischen
> anfeuerungen von staatsseiten richten wie auch häufig die
> 'kritischen' gegenmodelle. der kampf um die oberflächen bleibt
> ohnmächtig.
>
> wo das firmenmodell - wie bei den arbeitskämpfen der 1970er gerade
> in Italien, aber auch noch in deutschland - noch die möglichkeit
> der aneignung, der übernahme in aussicht stellte wird auch das
> konzept der aneignung in der prekären beschäftigung
> individualisiert, zerteilt. es werden fragmente angeingent,
> bruchstücke - und eben diese politik der bruchstücke lässt das
> system kapitalistische produktion unangetastet. es bleibt an der
> oberfläche, bleibt reformistisch.
>
>
>
>
>
> Am 25.03.2006 um 20:47 schrieb bessere zeiten:
>
>> KunstsystemAlsPostfordistischesUnternehmen
>>
>> wie lingner aufzeigte, bestehen für den künstler seit seiner
>> entlassung in die vermeintliche freiheit vor allem ökonomische
>> zwänge, die ihn unfrei machen. der künstler, so denn er sich von
>> seinen produkten ernähren will, begibt sich in das betriebssystem
>> kunst, welches sich in den letzten jahrzehnten zunehmend als
>> postfordistisches unternehmen darstellt, in der jeder künstler
>> sich als ich-ag, als scheinselbstständiger einbringen muss. so
>> zwingt das system kunstmarkt dem künstler seine bedingungen auf,
>> verlagert, ganz im sinne der postfordistischen fabrik, die fabrik
>> in das innere des subjekt. das unternehmen kunstmarkt definiert
>> das subjekt "künstler". dem vermeintlichen künstler bleibt, um in
>> dieses unternehmen zu gelangen, nichts anderes, als das grobe
>> raster an subjektivierung mit einem "persönlichen"
>> alleinstellungsmerkmal zu versehen. dies kann aber nur der körper/
>> lifestyle des künstlers sein, was in letztlich in ein verhältniss
>> der prostitution zwingt: er muss seinen körper anbieten um waren
>> produzieren zu dürfen.



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