Received 21. 06. 2011 -- 15:34 from
fromRe: Kunst des Verkaufens
Hallo an Helge, Jörg, Stefan und die drei Anderen.
Als Antwort auf den Beitrag von Jörg S.
Zuallererst von hinten aufgerollt:
Beuys ist nicht "Rolls Royce" gefahren, wie "andere" Künstler, die das
"schick" finden, sondern: "Bentley" und überhaupt ein schon damals älteres
und klassisches Modell. Und welche Künstler finden es aktuell überhaupt
passend, mit einem Rolls zu fahren und darin ihren Status "anzugeben" und
zu bezeugen. Jeff Koons, Carl Lagerfeld, Gerhard Richter?
Und wo steht geschrieben, das "Erfolgreiche" die Insignien ihres "Triumphs"
immer zwanghaft zur Schau stellen müssen, das ist doch biederste, kulturelle
Steinzeit und affirmative Rolex-, Wirtschafts- und Konsumverherrlichung!
Manchmal könnte man meinen, das 1968 niemals stattgefunden habe und ein
statisches Denken sich stattdessen bewahrt hat, verstärkt und fortgesetzt
wird, das weiterhin rein kapitalistische, feudale und schierem Profit
zugeordnete Strukturen und Verhaltensweisen, als "allein möglich" und
vorstellbar, wie überhaupt akzeptabel-lebbar, stumpf immer und immer wieder
proklamiert?
"Geld ist unser Gott" und was wir sonst nicht erreicht haben, werden wir
uns dann von unseren Einkünften "kaufen"!?
1. Dieses Denken ist sicher ebenso ein Zeichen dafür, das anders als es auch
Ausnahme-Gestalten wie Beuys, Stüttgen, Staeck, etc., leben und gelebt
haben, die ebenso gesellschaftliche, widerständige Ansätze in ihren Arbeiten
mitbedachten, viele konventionelle "Künstler" weiter massiv dem einseitigen
Verwertungsprinzip dieser kapitalistischen Herrschaftsstruktur nicht nur
zutiefst affirmativ-unkritisch verbunden sind, sondern diese ebenso wie
viele sonstige Menschen, als surreal unfrei gehaltene Konsumbürger, in
vielerlei Hinsicht massiv mitbefördern. Und darin einen human-destruktiven
Verwertungsdruck mit-erzeugen, aufrecht erhalten und smart weiter ausbauen.
Einen so überwältigenden Druck wie jener, der sonst nur in einer von Medien
imprägnierten, konditionierten, statisch apathischen Bevölkerungs-Masse
anzutreffen ist.
Kunst als Akt der Freiheit und Befreiung ist jenen Verwertungs-affirmativen
Schein Künstlern (wieder) zutiefst fremd und unattraktiv geworden, denn sie
wollen mit ihrer Arbeit doch nur Renommé erzeugen, Status tanken und sich
profilieren, wie andere dumme Verwerter und schlichte Profiteure es ihnen in
Banken und Business vorgeben und vorleben?
Und in ähnlichem Zusammenhang eine Fr. Merkel zu zitieren, setzt diesen
beschönigenden Argumenten noch die Krone auf: "Protest geht im Bestehenden
auf", und ja nicht "destruktiv" an diesem System sägen, denn das ist ja in
Deutschland massiv "verboten" und nur den herrschenden "Eliten" vorbehalten,
um dadurch, wenn es mal brennt, in legitimer Selbstverteidigung mit Einsatz
der Bundeswehr zu agieren, denn dafür haben wir diese ja auch "frei
gewählt", Oh weh!
2. Kuratoren kennen lernen?
Ja schön und wunderbar, denn das sind die wichtigsten Manager und Checker,
denen sich alle Kunst als Betrieb zu fügen hat, ein äußerst wertvoller
Tipp!?
Jene willfährigen, gedungenen Wegbereiter anderer Vermarkter und
"ehrenwerter" Kaufleute bevorzugen und zu Rate ziehen zu wollen? Jene
Vollstrecker, die immer einen maximal Profit in jeglicher Transaktion nur
für sich beanspruchen und ein zu streichen wissen?
Ist etwas anderes überhaupt noch denkbar?
3. Nur wie geht es "Anders" weiter? Ewig ähnliche Fragen, als wenn nicht
bereits mögliche Antworten auch "hier" schon angesprochen worden sind,..?
Dabei ist hier bereits im "THING" vielfältig, über alternative Formen von
Zusammenleben, Kultur und allen/vielen dabei zugänglicher, allgemeiner
freier Verwertung, an der sich alle befähigten Teilnehmer beteiligen
könnten, vielschichtig diskutiert worden:
Dazu muss man jedoch zuallererst für sich persönlich "Abschied" nehmen
lernen, von allmächtigen, verwertenden Strukturen, in die man ungefragt
hineingeboren wurde und diese erst allmählich kritisch und täglich
hinterfragen und dies überhaupt grundsätzlich anstreben.
Weniger Erwerbsarbeit etwa für äußerliche Fremd-Interessen aufwenden, in
Teilzeit arbeiten, in Erwerbs-Formen, die es erst ermöglichen, sinnvoll und
kreativ mit eigenen, darin geschaffenen Freiräumen umzugehen! Darin
künstlerisch kreativ und produktiv, Anspruchsvolles schaffen und dies im
Kreis Gleichgesinnter, ohne unnötigen Verwertungsdruck publik machen und
zirkulieren lassen. Eine ganz andere Lebensform muss erst wieder belebt und
teilweise neu erfunden werden, die an Autonomie und regionaler
Selbstverwaltung interessiert ist und dafür dieses gemachte Statusdenken und
Ausgeliefertsein an Fetische verwirft und allmählich aufzugeben lernt und
lebendigere Alternativen praktiziert.
Es gilt Freiräume zu entdecken und sich darin dem unmöglich gesteigerten und
zwingende Druck zu verweigern, den statisch etablierte, machtvolle Verwerter
aufgebaut haben, nur um darin ihren Einfluss und ihre Macht in völlig
ent-demokratisierter Form, immer weiter auszudehnen.
Auch dafür ist ein Plattform wie Thing zu gebrauchen und nützlich, zur
Vernetzung, aber diese dürfte nicht unterschwellig nur dem oberflächlich
akzeptierten Konsum und verwertenden "Status Quo" zugeordnet werden, sondern
müsste ebenfalls Befreiung und kreatives Selbstbewusstsein ohne Anbiederung
an außen geleitete Märkte weiter mit be-fördern.
4. Was sind denn die Künstler heute, sind sie ebensolche angepassten,
zotteligen Schafe, die den Eliten in Verwertung und Wirtschaft
hinterhertrotteln, sich periodisch scheren lassen und den darin wie in
sonstiger Arbeit von ihnen aufgebauten, realen gesellschaftlichen Reichtum
ihren Verwertern glückselig mehrfach abkaufen?
So lange auch "Künstler" nicht die tatsächliche Macht ihres produktiven und
schöpferischen Potentials erkennen und darauf eine starke Position
begründen, die ihnen genügend Mittel zu einem befreiteren Leben bieten
würde, bleiben diese ebenso jenen unterworfen, die sie geschickt gefangen
halten, austricksen und wie sonstigen Rasen lächelnd periodisch abmähen und
noch behaupten, jenen damit ein angemehmeres und gelungenes Leben zu
ermöglichen.
Es ist bitter zu sehen, das diese erhebliche Produktivkraft, die von
produktiv-kreativ Tätigen (Künstlern und anderen Arbeitenden) geleistet
wird, weiterhin kaum erkannt, bekannt und zur Emanzipation in
selbst-bestimmter Veränderung der über sie massiv bestimmenden, wie ebenso
fragilen Strukturen eingesetzt wird.
xyz - via B-Ebene
----- Original Message -----
From: "Jörg Spamer" <joergspamer [at] iesy [dot]6 net>
To: <thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot]6 de>
Cc: "Helge Steinmann" <bomber [at] bomber [dot]6 de>
Sent: Tuesday, June 21, 2011 10:27 AM
Subject: Re: [thing-frankfurt] Kunst des Verkaufens
Hallo Helge und Stefan,
denke, es bringt uns nicht weiter jetzt auf alle zu schimpfen, die mal eine
Arbeit, z.B. ein Bild verkauft haben --egal ob gepinselt, geprinted oder auf
eine Wand gesprüht- und dafür Geld bekommen haben.
Wir leben vornehmlich in einer Marktwirtschaft, die noch leicht
demokratische Züge trägt. Auch Merkel muss bei allem vorher die Konzerne
fragen. Alle Versuche aus dem ,Geldsystem' auszubrechen sind bisher
gescheitert. Helge hat recht: Protest geht in dem Bestehenden auf. Aber es
geht noch weiter: jede Irritation, jede Kritik erhält das System nicht nur,
sondern stabilisiert es. Hierzu kann sich jeder die Frage stellen: muss das
so sein? Mache ich da mit oder steige ich aus? Und das ohne destruktiv zu
werden.
Das, was Stefan macht mit all seinen Ausformungen wie thing, multitrudi usw.
verdient höchste Anerkennung.
Mich interessiert, wie diese Anerkennung anders aussehen kann als in Form
einer Museumsausstellung oder eines kleinen Katalogs? Wie sieht das
interessant im Netz z.B. aus? Willst Du mehr als 3 User, Stefan? Ok.
Gebongt! Ich bin hiermit Joerg, der Vierte und danke sher herzlich für
Deine Arbeit.
Aber: Wie geht es weiter? Worum geht es? Was kann interessant sein? An eine
Jackass Aktion, um damit auf Utube zu punkten hast Du bestimmt schon gedacht
und verständlicherweise verworfen.
Aber weiter: worum geht es? Florian hat auf die gezielte Frage wie man mit
Kunst Geld verdienen ebenso gezielt geantwortet: Kuratoren kennenlernen
usw...
Wie geht es anders? Wie sieht ein neu zu etablierendes System aus, das
vielleicht nicht gleich vom etablierten System geschluckt wird?
Wer braucht das? Was ist schlecht am bestehenden System? Wogegen solle man
sein und wie soll der kreativer Protest und damit die schöpferische Leistung
aussehen? Wie kann man verhindern, dass diese Leistung nicht gleich
kommerziell abgeschöpft wird? Und trotzdem überleben.
Übrigens noch zum Porsche: Helge, du hast recht, dass die Jungs bei Erfolg
meist immer noch fette Autos fahren. Ist aber ein Auslaufmodell. Auch Beuys
fand es schick im Rolls Royce herum zu fahren. Ist ein uraltes Verhalten.
Jeder Erfolgreiche will die Insignien seines Triumpfs, seiner Macht zur
Schau stellen. Das schaffen nur wenige ganz sein zu lassen oder zumindest
auf clevere Weise zu tun. Z.B. indem sie das gemachte Geld woanders
reinstecken. Da gibt es die Modelle das Geld in eine Gemeinschaft zu
investieren usw. Hat dann oft eher dem Einen gedient (z.B. factory). Das
Geld, das dann als Form von Energie betrachtet wird, wird in den seltensten
Fällen weggeworfen. Eher noch verschenkt. Aber auch von einem Geschenk
erhofft man sich etwas, ist also wieder eine Investition. Aber da finde ich:
keine zu schlechte.
Aber: gut beobachtet. Nur: wie geht's weiter?
Grüße von
Joerg, dem ViertenAm 21.06.2011 07:09, schrieb Helge Steinmann:
> Lieber Stefan,
>
> auf jeden Fall sollte man die formulieren. Ich glaube nur, daß viele
> einfach null Interesse daran haben und letztendlich dann doch lieber
> Porsche fahren wollen. Ähnlich verhielt es sich ja mit der Altlinken aus
> FFM. Jede Veränderung, jeder Protest reibt sich zuerst an dem Bestehenden
> um dann darin aufzugehen und trotz allem eine kleine Veränderung zu
> bewirken.
> So sehe ich das mitlerweile.
>
> Echte Kunst scheint also nicht unbedingt etwas mit Geldwerter Leistung zu
> tun.
> Was Du machst, ist Tausch und Austausch von Informationen. Und was ist
> Geld? Auch nur ein mutiertes Tauschmittel. Mehr nicht. Ein Versprechen,
> ein Bon, der vermeintliche Gegenwert zu einer Leistung, der aber mehr als
> Grenzmittel (für gesellschaftliche Schichten) genutzt wird als alles
> andere.
>
> Ich bin froh, einer der drei User zu sein:-).
>
>
> Beste Grüße
>
> Helge
>
> Am 20.06.2011 um 15:12 schrieb Stefan Beck:
>
>> > Lieber Helge,
>> >
>> > es gibt kein außerhalb Systems? Könnten wir nicht wenigstens
>> > Alternativen formulieren?
>> >
>> > Neulich auf der Diskussion zu Kunst und Geld erklärte der Florian
>> > Heinke, es käme nur darauf an, den richtigen Kurator und den richtigen
>> > Galeristen zu finden.
>> >
>> > Niemand hat dagegen protestiert. Vielleicht, weil alle dachten, wie
>> > wahr, und warum gelingt mir das nicht???
>> >
>>> > > Das einzige was uns bleibt ist die Karikatur einer Marke zu
>>> > werden.
>> >
>> > Ja, so komm ich mir auch manchmal vor, wenn ich über Thing Frankfurt
>> > bei
>> > diversen Internet-Stammtischen spreche. Bemitleidenswerte Blicke und
>> > Kommentare ernte.
>> >
>> > Der "Depp", macht das schon 15 Jahre, verdient kein Geld und hat 3
>> > User,
>> > die mit ihm diskutieren.
>> >
>> > Grüße
>> > Stefan
>> >
>>> > > Offen gesprochen gibt es kein außerhalb des Systems. Auch Kunst
>>> > will und muß sich innerhalb dieses Systems verkaufen. Deshalb Galerien
>>> > (die vermeintlich erfolgreichen sind samtsonders Banken bzw.
>>> > Kapitalgesteuert, zumindest dem Umfeld der geldverwaltenden
>>> > Unternehmen zuzurechnen).
>>> > >
>>> > > Kunst hätte die Power, das System zu ändern da es tatsächlich die
>>> > einzig revolutionäre Kraft ist die mit humanen Mitteln über einen
>>> > längeren Zeitraum Veränderungen vornehmen kann ohne daß sich Leute
>>> > gleich den Schädel einschlagen müssen. Sie darf es aber nicht, da ihr
>>> > zu viele systemimanente (?) und systemaufrechterhaltende Lobbies
>>> > entgegenstehen.
>>> > >
>>> > > Urnenbemalenende Graffitikünstler sind genau dieses Ergebnis:
>>> > > Wenn Du verdienen willst, bleibe in der Reihe und erstelle
>>> > nutzbares. Marx hatte es dabei auf den Punkt gebracht.
>>> > >
>>> > > Wir alle selbst sind zu Marken verkommen die sich selbst und ihr
>>> > vermeintliches Produkt pushen sollen, da es angeblich keinerlei Ausweg
>>> > gibt (The only way is up-ein schöner song aus den gloreichen Zeiten
>>> > von Yazz). Das einzige was uns bleibt ist die Karikatur einer Marke zu
>>> > werden. Das hat Graffitiwriting schon früh begriffen und die gleichen
>>> > Mechanismen entwickelt. Mark yourself on the society.
>>> > >
>>> > > Tja, nun viel Spaß.
>>> > >
>> >
>> > * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
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>> > http://www.thing-frankfurt.de
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>> > Stefan Beck
>> > Hohenstaufenstr. 8
>> > 60327 Frankfurt
>> > T. ++49-(0)69 - 741 02 10
>> >
>> > Thing Frankfurt Mailinglist:
>> > mailto:thing-frankfurt-subscribe [at] yahoogroups [dot]6 de
>> >
>
> [Die Teile dieser Nachricht, die nicht aus Text bestanden, wurden
> entfernt]
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