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[thing-group] Received 19. 03. 2012 -- 18:12 from from

Hegemonie des Kulturellen

Wieweil die Zusammenfassung unserer Session KünstlerInnenselbstvertretung auf dem Kongress "Wem gehört die Stadt?" noch auf sich warten lässt, da ich die Rückmeldungen der TeilnehmerInnen abwarten möchte, will ich hier kurz den sehr wichtigen Beitrag von Klaus Ronneberger zum Begriff der "Urbanität" referieren.

"Urbanität" - so Ronneberger - hat sich seit den späten 1970ern zu einem Schlüsselbegriff in der Auseinandersetzung um die Besetzung und die Deutungsmacht über den städtischen Raum entwickelt. Und zwar auf der rechten, wie auf der linken Seite des politischen Spektrums.

Unter der Regierung Wallmann (CDU) wurde der Krise der funktionalen Stadt mit einer Neudefinition des Kulturellen begegnet. Mit der Maßgabe eine "lokale Identität" im Zeichen der Globalisierung zu schaffen, trieb man Stadtentwicklung als Kulturprojekt voran. Beispiele: Wiederaufbau der alten Oper, des Römerbergs, Ausgestaltung des Museumsufers.

"Urbanität", verstanden als die Versöhnung von Skyline und Apfelwein-Flair, sollte die beiden Enden des konservativen Spektrums verbinden, - die Manager/Elite einerseits, wie die alteingessene Bevölkerung andererseits.

Auf der linken Seite diente "Urbanität" zweierlei Zielen. In seiner Ausprägung als "Multikulti" sollte von einer gewissen Fraktion (Fischer etc.) aus die Vormachtstellung von "Öko" bei den neu entstandenen Grünen (Gruppe um Ditfurth) gebrochen, und gegenüber den Konservativen der Diskurs des Kulturellen zu eigenen Zwecken instrumentalisiert werden. Dabei war die Lage der Subjekte des "Multikulturellen", den Ausländern und Migranten, letztlich egal. Ronneberger sprach diesbezüglich von einem "menschlichen Ornament", wie es auch heute noch in Projekten einer "Bahnhofsviertelnacht" zur Schau gestellt wird.

Mit dieser doppelten Entwicklung, die den Begriff der "Urbanität" schließlich in den des "Kreativen" überführte, ist jeglich Berufung auf Kultur unmöglich geworden.

So sagte Ronneberger: "Was nicht kulturalisiert werden kann, kann nicht mehr erscheinen."

Opfer dieser Hegemonie des Kulturellen ist das Soziale. Es kann nur noch da politische Legitimation beanspruchen, wo es in Kultur übersetzbar ist.

Wenn die Argumentation von Ronneberger stimmig ist, dann tritt bei mir Verunsicherung auf. Inwieweit kann ich dann noch politische Kunst oder politisch Kunst machen?

Sicher scheint mir, daß einmal mehr politische Kunst als blosse Übernahme und Übertragung von Politiken in den Kunstbetrieb scheitern muss. Der Text von Oliver Marchart spricht davon.

Wenn Marchart die "makropolitische Koppelung an andere politische Projekte (die nicht wieder nur sich politisch gebende Projekte im Kunstfeld sein dürften)" fordert, so war zumindestens der Kongress "Wem gehört die Stadt?" ein Weg dahin.

Wie kann ich ihn als Künstler gehen? Was heisst es genau, sich als Künstler zB gegen Gentrifizierung zu wehren?
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