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[thing-group] Received 22. 07. 2008 -- 17:10 from from

Re: Betrifft: Kunst am Nullpunkt @ everybody

Hallo ihr Lieben, darf ich als “Gasthörer" auch etwas dazu bemerken, ?

Schön daß Herr Beck, Marx “erwähnt", wie aber damals und auch später (von
W. F.
Haug in seiner “Kritik der Warenästhetik" formuliert, ...) gibt es keinen
Tauschwert, wenn an der Basis nicht ein Gebrauchswert existiert. Der
Gebrauchswert kann im Äquivalenztausch funktionieren, der Tauschwert braucht
ersteren aber zwingend. (W-G-W)

Schön das zumindest unter den Marx Adepten, Haug überhaupt noch von einer
“Ästhetik" redet. Im hier besprochenen Zusammenhang kann das bedeuten, daß
Komminikation, die u.a. im Kunstobjekt entsteht, mittlerweile komplett
übersehen wird und entschwindet. (an wen wendet sich denn der Künstler
prioritär, an ein Publikum, an Rezipienten, sensibilisierte Interessenten
oder nur an: “Käufer"?)

Wenn nun das Kunst-Objekt (siehe Lingner) verschwindet und nur Tauschwert
zurückbleibt (siehe Beck), was bleibt dann übrig?

Wie sagt W.F. Haug:
“In einer Gesellschaft, in der entscheidende gesellschaftliche Beziehungen
(nur noch) durch Waren
vermittelt sind als durch Dinge, die sinnlich betont unterschieden und
zugleich absolut gleichgültig sind (!), finden spezifische widersprüchliche
Modifikationen der Sinnlichkeit (=der Menschen) der Gesellschaftsmitglieder
statt.

und:
“Für die dem Tauschwert angepasste Beziehung zu den Dingen ist entscheidend,
daß durch die sinnliche (= von Menschen wahrnehmbare?) Unterschiedenheit
eines Dinges hindurch der Blick beständig auf die einerlei machende
Quantität des Tauschwerts gerichtet ist.² (W.F. Haug)

Kunstmarketing rules the world, but which world?
Und: braucht Marketing eventuell bald keine “Kunst" mehr?
Oder: ist “keine Kunst" dann die Substanz, das Objekt des Kunstmarketings?





on 22.07.2008 14:56 Uhr, Stefan Beck at stefan [at] thing-frankfurt [dot] de schrieb:

Liebe Sabine,

sorry, dass ich Dir noch nicht auf Deinen Kommentar geantwortet habe.

Im Zusammenhang der letzten Beiträge greife ich nochmal das heraus:

> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?

Das mag vielleicht gegolten haben, aber wurde es auch explizit hergestellt?

Primär schaffen die Künstler immer noch Objekte, und das Kunstsystem
honoriert diese Objekte. Das ist der Mythos vom Gebrauchswert.

Tatsächlich, glaube ich, sind aber nachrangige kommunikative Handlungen
(Marketing) vonnöten, um die Objekte im Kunstsystem unterzubringen.

Lingner sieht nun, dass der Tauschwert den Gebrauchwert immer mehr
überlagert und gänzlich zum Verschwinden zu bringen droht.

In Konsequenz fordert er die kommunikativen Handlungen vorrangig und
expizit zu behandeln.

Wie das genau gehen kann, weiss auch er nicht. Ein erster Schritt kann
für ihn die Abschaffung der Objekte und damit der Ausstellungen bedeuten.

Eine Übersicht zu Schriften Lingners findet sich hier:

--> http://ask23.hfbk-hamburg.de/draft/archiv/ml_publikationen/

> Hallo zusammen,
>
> ich beziehe mich auf einen Artikel von Stefan Beck auf der "thing
> frankfurt"-Seite vom 04.08.2005, einer Transkription eines Vortrags
> von ihm. Darin legt er dar, "warum Ausstellung als Modus der Kunst
> keinen Sinn mehr macht und welche Aspekte einer zukünftigen Kunst im
> Internet verwirklicht werden könnten."
>
> Der Artikel ist sehr lesenswert; trotzdem hinterlasse ich hier nur
> seine Adresse (www.thing-net.de/cms/artikel223.html) und meine
> Gedanken dazu; ich glaube, das passt zu Ihrem Beitrag...:
>
> Muss man es denn gegensätzlich sehen? Oder ist das besprochene "Ende
> der Ausstellungskunst" nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass
> nichts, aber auch gar nichts festzuschreiben geht? Dass der
> Kunstmarkt, indem er festschreibt und das auch noch begründet, sich
> lächerlich macht, und indem er es vehement nicht tut, und das ebenso
> schlüssig begründet, auch?
>
> Wiederholenswert ist für mich jedenfalls: "Wenn es im Sinne von Groys
> auf das Museum hin geschaffen wurde, so muss es abgeschlossen sein.
> Denn das Museum als Garant des Kunstwertes kann sich nicht auf Werke
> einlassen, deren Wert sich ständig verändert."
>
> Aber genau das tut es! Es lässt sich ein. Es muss dazu stehen, zu
> sagen 'du bist es wert', und muss sich gefallen lassen, dass es diesen
> Wert erklären muss. Und der erklärende Mensch (oder eben Sprecher der
> Institution) tut gut daran, das PERSÖNLICH zu tun, also auf
> persönliche Art, und nicht seinen Wertbegriff der gesamten Menschheit
> überzustülpen... Es gibt keinen Wert, den ein Kunstwerk per se
> innehätte, und es ist egal, welches zum Widerlegen herangezogen würde.
> Und das gilt auch außerhalb eines "White Cube", für jedweden
> künstlerischen Ausdruck.
>
> Die Kommunikation selbst ist die Kunst? Oder ist gemeint, dass, wenn
> Kommunikation so immens wichtig ist/wird, dieses Beuys'sche 'jeder
> Mensch ein Künstler' langsam einmal die Bestätigung erfährt, die ihm
> (dem Ausspruch) schon so oft verweigert worden ist?
>
> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
> Zeigt nicht GERADE die Kunstgeschichte, die Entwicklung hin zur
> Modernen und über die Moderne hinaus, in die Gegenwartskunst hinein
> und - ich wette - über sie hinaus, dass man darüber nun wirklich nicht
> mehr streiten sollte? Worüber streiten die Leute wirklich, wenn sie
> darüber streiten? Ich denke, all das entlarvt einmal mehr. Es entlarvt
> das "Benutzen" von Kunst zu den Zwecken desjenigen, es entlarvt den
> Sprecher, der sich einen abstrakten Begriff einverleibt und dann auch
> noch argumentiert --- keinem anderen nicht-definierten Begriff wird so
> etwas angetan; die Kunst muss es ertragen.
>
> Ich unterstütze den Dialoggedanken in der Kunst leidenschaftlich! Nach
> allen möglichen Thesen kann dann auch eine Arbeit, ein "Werk"
> abgeschlossen sein - die mögliche Kunstempfindung wird es nie sein.
>
> Viele Grüße,
>
> Sabine Pint
>

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