Einträge vom Dienstag, 22. Juli 2008

[thing-group] Received 22. 07. 2008 17:10 from

Re: Betrifft: Kunst am Nullpunkt @ everybody

Hallo ihr Lieben, darf ich als “Gasthörer" auch etwas dazu bemerken, ?

Schön daß Herr Beck, Marx “erwähnt", wie aber damals und auch später (von
W. F.
Haug in seiner “Kritik der Warenästhetik" formuliert, ...) gibt es keinen
Tauschwert, wenn an der Basis nicht ein Gebrauchswert existiert. Der
Gebrauchswert kann im Äquivalenztausch funktionieren, der Tauschwert braucht
ersteren aber zwingend. (W-G-W)

Schön das zumindest unter den Marx Adepten, Haug überhaupt noch von einer
“Ästhetik" redet. Im hier besprochenen Zusammenhang kann das bedeuten, daß
Komminikation, die u.a. im Kunstobjekt entsteht, mittlerweile komplett
übersehen wird und entschwindet. (an wen wendet sich denn der Künstler
prioritär, an ein Publikum, an Rezipienten, sensibilisierte Interessenten
oder nur an: “Käufer"?)

Wenn nun das Kunst-Objekt (siehe Lingner) verschwindet und nur Tauschwert
zurückbleibt (siehe Beck), was bleibt dann übrig?

Wie sagt W.F. Haug:
“In einer Gesellschaft, in der entscheidende gesellschaftliche Beziehungen
(nur noch) durch Waren
vermittelt sind als durch Dinge, die sinnlich betont unterschieden und
zugleich absolut gleichgültig sind (!), finden spezifische widersprüchliche
Modifikationen der Sinnlichkeit (=der Menschen) der Gesellschaftsmitglieder
statt.

und:
“Für die dem Tauschwert angepasste Beziehung zu den Dingen ist entscheidend,
daß durch die sinnliche (= von Menschen wahrnehmbare?) Unterschiedenheit
eines Dinges hindurch der Blick beständig auf die einerlei machende
Quantität des Tauschwerts gerichtet ist.² (W.F. Haug)

Kunstmarketing rules the world, but which world?
Und: braucht Marketing eventuell bald keine “Kunst" mehr?
Oder: ist “keine Kunst" dann die Substanz, das Objekt des Kunstmarketings?





on 22.07.2008 14:56 Uhr, Stefan Beck at stefan [at] thing-frankfurt [dot] de schrieb:

Liebe Sabine,

sorry, dass ich Dir noch nicht auf Deinen Kommentar geantwortet habe.

Im Zusammenhang der letzten Beiträge greife ich nochmal das heraus:

> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?

Das mag vielleicht gegolten haben, aber wurde es auch explizit hergestellt?

Primär schaffen die Künstler immer noch Objekte, und das Kunstsystem
honoriert diese Objekte. Das ist der Mythos vom Gebrauchswert.

Tatsächlich, glaube ich, sind aber nachrangige kommunikative Handlungen
(Marketing) vonnöten, um die Objekte im Kunstsystem unterzubringen.

Lingner sieht nun, dass der Tauschwert den Gebrauchwert immer mehr
überlagert und gänzlich zum Verschwinden zu bringen droht.

In Konsequenz fordert er die kommunikativen Handlungen vorrangig und
expizit zu behandeln.

Wie das genau gehen kann, weiss auch er nicht. Ein erster Schritt kann
für ihn die Abschaffung der Objekte und damit der Ausstellungen bedeuten.

Eine Übersicht zu Schriften Lingners findet sich hier:

--> http://ask23.hfbk-hamburg.de/draft/archiv/ml_publikationen/

> Hallo zusammen,
>
> ich beziehe mich auf einen Artikel von Stefan Beck auf der "thing
> frankfurt"-Seite vom 04.08.2005, einer Transkription eines Vortrags
> von ihm. Darin legt er dar, "warum Ausstellung als Modus der Kunst
> keinen Sinn mehr macht und welche Aspekte einer zukünftigen Kunst im
> Internet verwirklicht werden könnten."
>
> Der Artikel ist sehr lesenswert; trotzdem hinterlasse ich hier nur
> seine Adresse (www.thing-net.de/cms/artikel223.html) und meine
> Gedanken dazu; ich glaube, das passt zu Ihrem Beitrag...:
>
> Muss man es denn gegensätzlich sehen? Oder ist das besprochene "Ende
> der Ausstellungskunst" nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass
> nichts, aber auch gar nichts festzuschreiben geht? Dass der
> Kunstmarkt, indem er festschreibt und das auch noch begründet, sich
> lächerlich macht, und indem er es vehement nicht tut, und das ebenso
> schlüssig begründet, auch?
>
> Wiederholenswert ist für mich jedenfalls: "Wenn es im Sinne von Groys
> auf das Museum hin geschaffen wurde, so muss es abgeschlossen sein.
> Denn das Museum als Garant des Kunstwertes kann sich nicht auf Werke
> einlassen, deren Wert sich ständig verändert."
>
> Aber genau das tut es! Es lässt sich ein. Es muss dazu stehen, zu
> sagen 'du bist es wert', und muss sich gefallen lassen, dass es diesen
> Wert erklären muss. Und der erklärende Mensch (oder eben Sprecher der
> Institution) tut gut daran, das PERSÖNLICH zu tun, also auf
> persönliche Art, und nicht seinen Wertbegriff der gesamten Menschheit
> überzustülpen... Es gibt keinen Wert, den ein Kunstwerk per se
> innehätte, und es ist egal, welches zum Widerlegen herangezogen würde.
> Und das gilt auch außerhalb eines "White Cube", für jedweden
> künstlerischen Ausdruck.
>
> Die Kommunikation selbst ist die Kunst? Oder ist gemeint, dass, wenn
> Kommunikation so immens wichtig ist/wird, dieses Beuys'sche 'jeder
> Mensch ein Künstler' langsam einmal die Bestätigung erfährt, die ihm
> (dem Ausspruch) schon so oft verweigert worden ist?
>
> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
> Zeigt nicht GERADE die Kunstgeschichte, die Entwicklung hin zur
> Modernen und über die Moderne hinaus, in die Gegenwartskunst hinein
> und - ich wette - über sie hinaus, dass man darüber nun wirklich nicht
> mehr streiten sollte? Worüber streiten die Leute wirklich, wenn sie
> darüber streiten? Ich denke, all das entlarvt einmal mehr. Es entlarvt
> das "Benutzen" von Kunst zu den Zwecken desjenigen, es entlarvt den
> Sprecher, der sich einen abstrakten Begriff einverleibt und dann auch
> noch argumentiert --- keinem anderen nicht-definierten Begriff wird so
> etwas angetan; die Kunst muss es ertragen.
>
> Ich unterstütze den Dialoggedanken in der Kunst leidenschaftlich! Nach
> allen möglichen Thesen kann dann auch eine Arbeit, ein "Werk"
> abgeschlossen sein - die mögliche Kunstempfindung wird es nie sein.
>
> Viele Grüße,
>
> Sabine Pint
>

* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
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[thing-group] Received 22. 07. 2008 14:56 from

Re: Betrifft: Kunst am Nullpunkt @ Sabine

Liebe Sabine,

sorry, dass ich Dir noch nicht auf Deinen Kommentar geantwortet habe.

Im Zusammenhang der letzten Beiträge greife ich nochmal das heraus:

> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?

Das mag vielleicht gegolten haben, aber wurde es auch explizit hergestellt?

Primär schaffen die Künstler immer noch Objekte, und das Kunstsystem
honoriert diese Objekte. Das ist der Mythos vom Gebrauchswert.

Tatsächlich, glaube ich, sind aber nachrangige kommunikative Handlungen
(Marketing) vonnöten, um die Objekte im Kunstsystem unterzubringen.

Lingner sieht nun, dass der Tauschwert den Gebrauchwert immer mehr
überlagert und gänzlich zum Verschwinden zu bringen droht.

In Konsequenz fordert er die kommunikativen Handlungen vorrangig und
expizit zu behandeln.

Wie das genau gehen kann, weiss auch er nicht. Ein erster Schritt kann
für ihn die Abschaffung der Objekte und damit der Ausstellungen bedeuten.

Eine Übersicht zu Schriften Lingners findet sich hier:

--> http://ask23.hfbk-hamburg.de/draft/archiv/ml_publikationen/


> Hallo zusammen,
>
> ich beziehe mich auf einen Artikel von Stefan Beck auf der "thing
> frankfurt"-Seite vom 04.08.2005, einer Transkription eines Vortrags
> von ihm. Darin legt er dar, "warum Ausstellung als Modus der Kunst
> keinen Sinn mehr macht und welche Aspekte einer zukünftigen Kunst im
> Internet verwirklicht werden könnten."
>
> Der Artikel ist sehr lesenswert; trotzdem hinterlasse ich hier nur
> seine Adresse (www.thing-net.de/cms/artikel223.html) und meine
> Gedanken dazu; ich glaube, das passt zu Ihrem Beitrag...:
>
> Muss man es denn gegensätzlich sehen? Oder ist das besprochene "Ende
> der Ausstellungskunst" nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass
> nichts, aber auch gar nichts festzuschreiben geht? Dass der
> Kunstmarkt, indem er festschreibt und das auch noch begründet, sich
> lächerlich macht, und indem er es vehement nicht tut, und das ebenso
> schlüssig begründet, auch?
>
> Wiederholenswert ist für mich jedenfalls: "Wenn es im Sinne von Groys
> auf das Museum hin geschaffen wurde, so muss es abgeschlossen sein.
> Denn das Museum als Garant des Kunstwertes kann sich nicht auf Werke
> einlassen, deren Wert sich ständig verändert."
>
> Aber genau das tut es! Es lässt sich ein. Es muss dazu stehen, zu
> sagen 'du bist es wert', und muss sich gefallen lassen, dass es diesen
> Wert erklären muss. Und der erklärende Mensch (oder eben Sprecher der
> Institution) tut gut daran, das PERSÖNLICH zu tun, also auf
> persönliche Art, und nicht seinen Wertbegriff der gesamten Menschheit
> überzustülpen... Es gibt keinen Wert, den ein Kunstwerk per se
> innehätte, und es ist egal, welches zum Widerlegen herangezogen würde.
> Und das gilt auch außerhalb eines "White Cube", für jedweden
> künstlerischen Ausdruck.
>
> Die Kommunikation selbst ist die Kunst? Oder ist gemeint, dass, wenn
> Kommunikation so immens wichtig ist/wird, dieses Beuys'sche 'jeder
> Mensch ein Künstler' langsam einmal die Bestätigung erfährt, die ihm
> (dem Ausspruch) schon so oft verweigert worden ist?
>
> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
> Zeigt nicht GERADE die Kunstgeschichte, die Entwicklung hin zur
> Modernen und über die Moderne hinaus, in die Gegenwartskunst hinein
> und - ich wette - über sie hinaus, dass man darüber nun wirklich nicht
> mehr streiten sollte? Worüber streiten die Leute wirklich, wenn sie
> darüber streiten? Ich denke, all das entlarvt einmal mehr. Es entlarvt
> das "Benutzen" von Kunst zu den Zwecken desjenigen, es entlarvt den
> Sprecher, der sich einen abstrakten Begriff einverleibt und dann auch
> noch argumentiert --- keinem anderen nicht-definierten Begriff wird so
> etwas angetan; die Kunst muss es ertragen.
>
> Ich unterstütze den Dialoggedanken in der Kunst leidenschaftlich! Nach
> allen möglichen Thesen kann dann auch eine Arbeit, ein "Werk"
> abgeschlossen sein - die mögliche Kunstempfindung wird es nie sein.
>
> Viele Grüße,
>
> Sabine Pint
>


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Stefan Beck
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[thing-group] Received 22. 07. 2008 14:37 from

Re: Kunst am Nullpunkt @ brentis

Lieber Brentis,

ich bin sehr für eine Kunst, die gedankenvoll ist.

Andererseits nehme ich wahr, dass ich damit einem Kunstsystem und einem
Kunstmarkt, was nicht immer das gleiche ist, gegenüber stehe. Wie mich
darauf beziehen?

Nachdenklich machte mich vor Jahren die Bemerkung eines Parfum Managers
(Channel o.ä.): "Wir müssen runter gehen mit den Produktionskosten, und
alles ins Marketing stecken."

Dabei liegen die reinen Produktionskosten von Parfum bei gerade mal 1%
des letztendlichen Verkaufswertes. Und mir scheint, der Unterschied
zwischen Kunst und Parfum ist gar nicht so gross.

Die ganze Diskussion geht auf Marx Unterscheidung zwischen dem
Gebrauchswert und dem Tauschwert einer Ware zurück.

Wie gehe ich als Künstler mit dem Tauschwert meiner Kunst um?

Übrigens geht es Lingner genau darum. Er sagt keinesfalls, dass die
Künstler alles ins Marketing stecken sollen.

Lingner sagt, dass Kunst sich nicht an Objekten, sondern an
kommunikativen Handlungen festmachen sollte. Sie sollte explizit
realisieren, was implizit längst der Fall ist.



> Sehr geerter Herr Beck,
>
> wenn ich ihr Statement so lese, macht mich das ganz traurig.
>
> Was zählt für sie, oder den von ihnen zitierten Prof. noch der Mensch in
> seiner Tätigkeit als genuin Kunstschaffender?
>
> Ich lese nur noch: Wertschöpfung, Wertsteigerung, verkaufen, vermarkten,
> Museum etc.
> Wo bleibt da der/die künstlerisch Tätige mit seinem persönlichen Ansatz,
> seiner Haltung, seiner/ihrer Position zur Welt, zu sich selbst, ...?
>
> Das Geld will nur sich selbst vermehren, das bischen Kunst als Aktie ist da
> recht fügsam.
>
> Muss der/die Kunstschaffende diess als Haupthema der “Neuzeit" auffassen,
> akzeptieren, sich nur daran messen (lassen) ? Ist das die aktuelle
> Herausforderung? Gibt es denn in der Kunst nicht noch genügend
> seinspezifische, menschennahere Themen, die es mehr-wert sind, sich damit zu
> befassen?
> Die Nichtigkeit der Kunst, deren Übergang in den Markt, das sei die
> Erfüllung?
>
> Schade.
>


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[thing-group] Received 22. 07. 2008 11:43 from

Betrifft: Kunst am Nullpunkt, Nachtrag

... oder kürzer; entschuldigt bitte das doppelte Posting:

wenn man das "System Kunstmarkt" in einer Arbeit thematisiert, obwohl
man eigentlich irgendetwas anderes schaffen wollte, das man dann
lässt, weil man dessen Ausdruck mittlerweile für "nichtig" halten
muss... DANN erst fügt man sich dem System auf nicht gesunde Weise...



--- In thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de hat "Sabine Pint"
geschrieben:
>
> Hallo zusammen,
>
> ich beziehe mich auf einen Artikel von Stefan Beck auf der "thing
> frankfurt"-Seite vom 04.08.2005, einer Transkription eines Vortrags
> von ihm. Darin legt er dar, "warum Ausstellung als Modus der Kunst
> keinen Sinn mehr macht und welche Aspekte einer zukünftigen Kunst im
> Internet verwirklicht werden könnten."
>
> Der Artikel ist sehr lesenswert; trotzdem hinterlasse ich hier nur
> seine Adresse (www.thing-net.de/cms/artikel223.html) und meine
> Gedanken dazu; ich glaube, das passt zu Ihrem Beitrag...:
>
> Muss man es denn gegensätzlich sehen? Oder ist das besprochene "Ende
> der Ausstellungskunst" nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass
> nichts, aber auch gar nichts festzuschreiben geht? Dass der
> Kunstmarkt, indem er festschreibt und das auch noch begründet, sich
> lächerlich macht, und indem er es vehement nicht tut, und das ebenso
> schlüssig begründet, auch?
>
> Wiederholenswert ist für mich jedenfalls: "Wenn es im Sinne von Groys
> auf das Museum hin geschaffen wurde, so muss es abgeschlossen sein.
> Denn das Museum als Garant des Kunstwertes kann sich nicht auf Werke
> einlassen, deren Wert sich ständig verändert."
>
> Aber genau das tut es! Es lässt sich ein. Es muss dazu stehen, zu
> sagen 'du bist es wert', und muss sich gefallen lassen, dass es diesen
> Wert erklären muss. Und der erklärende Mensch (oder eben Sprecher der
> Institution) tut gut daran, das PERSÖNLICH zu tun, also auf
> persönliche Art, und nicht seinen Wertbegriff der gesamten Menschheit
> überzustülpen... Es gibt keinen Wert, den ein Kunstwerk per se
> innehätte, und es ist egal, welches zum Widerlegen herangezogen würde.
> Und das gilt auch außerhalb eines "White Cube", für jedweden
> künstlerischen Ausdruck.
>
> Die Kommunikation selbst ist die Kunst? Oder ist gemeint, dass, wenn
> Kommunikation so immens wichtig ist/wird, dieses Beuys'sche 'jeder
> Mensch ein Künstler' langsam einmal die Bestätigung erfährt, die ihm
> (dem Ausspruch) schon so oft verweigert worden ist?
>
> Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
> Zeigt nicht GERADE die Kunstgeschichte, die Entwicklung hin zur
> Modernen und über die Moderne hinaus, in die Gegenwartskunst hinein
> und - ich wette - über sie hinaus, dass man darüber nun wirklich nicht
> mehr streiten sollte? Worüber streiten die Leute wirklich, wenn sie
> darüber streiten? Ich denke, all das entlarvt einmal mehr. Es entlarvt
> das "Benutzen" von Kunst zu den Zwecken desjenigen, es entlarvt den
> Sprecher, der sich einen abstrakten Begriff einverleibt und dann auch
> noch argumentiert --- keinem anderen nicht-definierten Begriff wird so
> etwas angetan; die Kunst muss es ertragen.
>
> Ich unterstütze den Dialoggedanken in der Kunst leidenschaftlich! Nach
> allen möglichen Thesen kann dann auch eine Arbeit, ein "Werk"
> abgeschlossen sein - die mögliche Kunstempfindung wird es nie sein.
>
> Viele Grüße,
>
> Sabine Pint
>
>
>
>
> --- In thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de hat so oder so
> geschrieben:
> >
> > Sehr geerter Herr Beck,
> >
> > wenn ich ihr Statement so lese, macht mich das ganz traurig.
> >
> > Was zählt für sie, oder den von ihnen zitierten Prof. noch der
Mensch in
> > seiner Tätigkeit als genuin Kunstschaffender?
> >
> > Ich lese nur noch: Wertschöpfung, Wertsteigerung, verkaufen,
vermarkten,
> > Museum etc.
> > Wo bleibt da der/die künstlerisch Tätige mit seinem persönlichen
Ansatz,
> > seiner Haltung, seiner/ihrer Position zur Welt, zu sich selbst, ...?
> >
> > Das Geld will nur sich selbst vermehren, das bischen Kunst als Aktie
> ist da
> > recht fügsam.
> >
> > Muss der/die Kunstschaffende diess als Haupthema der "Neuzeit"
> auffassen,
> > akzeptieren, sich nur daran messen (lassen) ? Ist das die aktuelle
> > Herausforderung? Gibt es denn in der Kunst nicht noch genügend
> > seinspezifische, menschennahere Themen, die es mehr-wert sind, sich
> damit zu
> > befassen?
> > Die Nichtigkeit der Kunst, deren Übergang in den Markt, das sei die
> > Erfüllung?
> >
> > Schade.
> >
> >
> > on 21.07.2008 15:59 Uhr, Stefan Beck at stefan@ schrieb:
> >
> > > Gestern radelte ich nach Offenbach und hatte folgende Gedanken:
> > >
> > > Wenn es keinerlei Grund für das einzelne individuelle Kunstwerk mehr
> > > gibt (keinen Anlass, kein Material, keine Geschichte), dann
kommt dem
> > > System Kunst, dem Kunstbetrieb, eine überragende Bedeutung zu.
> > >
> > > Ihm kommt dann die Einordnung, Klassifizierung, Verwaltung und
> Sammlung
> > > der einzelnen Nichtigkeiten zu.
> > >
> > > Wie gehen die Künstler damit um?
> > >
> > > Indem sie nur noch nichtigere Nichtigkeiten produzieren und ihre
ganze
> > > Energie ins Marketing stecken?
> > >
> > > Oder gibt es auch solche, die den seltsamen Zustand des Kunstsystems
> > > thematisieren?
> > >
> > > Theoretisch am Schärfsten hat das Michael Lingner in Hamburg
gefasst.
> > > Der ist zwar Professor an der Kunsthochschule, aber nicht mehr
> explizit
> > > als Künstler. Vielleicht als Konsequenz seiner Überlegungen.
> > >
> > > Elaine Sturtevant.
> > >
> > >> Wie zuvor keine andere Künstlerin insistiert Sturtevant mit ihren
> Arbeiten
> > >> auf der Frage nach dem wahren Wert von Kunst im Kunstbetrieb, der
> > >> Autorenschaft, der genuinen Schöpferrolle und stellt die Begriffe
> Original
> > >> und Originalität zur Disposition.
> > >
> > > http://www.mmk-frankfurt.de/mmk_d/03_sturtevant03.html
> > >
> > > Ein spannender, wenn auch grenzwertiger Ansatz. Auf der Ebene des
> Werkes
> > > sind ihre "Kopien" nur nichtige Nichtigkeiten, als System
betrachtet,
> > > sind sie ein Angriff auf die Idee der Sammlung und des Museums.
> > >
> > > Gibt es noch andere Künstler, die so arbeiten?
> > >
> > >
> > >
> > >
> > >
> > > * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
> > > * Gib Thing Frankfurt Dein Gesicht:
> > > * http://www.thing-frankfurt.de/home/yourface/
> > > * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
> >
>



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[thing-group] Received 22. 07. 2008 11:28 from

Betrifft: Kunst am Nullpunkt

Hallo zusammen,

ich beziehe mich auf einen Artikel von Stefan Beck auf der "thing
frankfurt"-Seite vom 04.08.2005, einer Transkription eines Vortrags
von ihm. Darin legt er dar, "warum Ausstellung als Modus der Kunst
keinen Sinn mehr macht und welche Aspekte einer zukünftigen Kunst im
Internet verwirklicht werden könnten."

Der Artikel ist sehr lesenswert; trotzdem hinterlasse ich hier nur
seine Adresse (www.thing-net.de/cms/artikel223.html) und meine
Gedanken dazu; ich glaube, das passt zu Ihrem Beitrag...:

Muss man es denn gegensätzlich sehen? Oder ist das besprochene "Ende
der Ausstellungskunst" nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass
nichts, aber auch gar nichts festzuschreiben geht? Dass der
Kunstmarkt, indem er festschreibt und das auch noch begründet, sich
lächerlich macht, und indem er es vehement nicht tut, und das ebenso
schlüssig begründet, auch?

Wiederholenswert ist für mich jedenfalls: "Wenn es im Sinne von Groys
auf das Museum hin geschaffen wurde, so muss es abgeschlossen sein.
Denn das Museum als Garant des Kunstwertes kann sich nicht auf Werke
einlassen, deren Wert sich ständig verändert."

Aber genau das tut es! Es lässt sich ein. Es muss dazu stehen, zu
sagen 'du bist es wert', und muss sich gefallen lassen, dass es diesen
Wert erklären muss. Und der erklärende Mensch (oder eben Sprecher der
Institution) tut gut daran, das PERSÖNLICH zu tun, also auf
persönliche Art, und nicht seinen Wertbegriff der gesamten Menschheit
überzustülpen... Es gibt keinen Wert, den ein Kunstwerk per se
innehätte, und es ist egal, welches zum Widerlegen herangezogen würde.
Und das gilt auch außerhalb eines "White Cube", für jedweden
künstlerischen Ausdruck.

Die Kommunikation selbst ist die Kunst? Oder ist gemeint, dass, wenn
Kommunikation so immens wichtig ist/wird, dieses Beuys'sche 'jeder
Mensch ein Künstler' langsam einmal die Bestätigung erfährt, die ihm
(dem Ausspruch) schon so oft verweigert worden ist?

Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
Zeigt nicht GERADE die Kunstgeschichte, die Entwicklung hin zur
Modernen und über die Moderne hinaus, in die Gegenwartskunst hinein
und - ich wette - über sie hinaus, dass man darüber nun wirklich nicht
mehr streiten sollte? Worüber streiten die Leute wirklich, wenn sie
darüber streiten? Ich denke, all das entlarvt einmal mehr. Es entlarvt
das "Benutzen" von Kunst zu den Zwecken desjenigen, es entlarvt den
Sprecher, der sich einen abstrakten Begriff einverleibt und dann auch
noch argumentiert --- keinem anderen nicht-definierten Begriff wird so
etwas angetan; die Kunst muss es ertragen.

Ich unterstütze den Dialoggedanken in der Kunst leidenschaftlich! Nach
allen möglichen Thesen kann dann auch eine Arbeit, ein "Werk"
abgeschlossen sein - die mögliche Kunstempfindung wird es nie sein.

Viele Grüße,

Sabine Pint




--- In thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de hat so oder so
geschrieben:
>
> Sehr geerter Herr Beck,
>
> wenn ich ihr Statement so lese, macht mich das ganz traurig.
>
> Was zählt für sie, oder den von ihnen zitierten Prof. noch der Mensch in
> seiner Tätigkeit als genuin Kunstschaffender?
>
> Ich lese nur noch: Wertschöpfung, Wertsteigerung, verkaufen, vermarkten,
> Museum etc.
> Wo bleibt da der/die künstlerisch Tätige mit seinem persönlichen Ansatz,
> seiner Haltung, seiner/ihrer Position zur Welt, zu sich selbst, ...?
>
> Das Geld will nur sich selbst vermehren, das bischen Kunst als Aktie
ist da
> recht fügsam.
>
> Muss der/die Kunstschaffende diess als Haupthema der "Neuzeit"
auffassen,
> akzeptieren, sich nur daran messen (lassen) ? Ist das die aktuelle
> Herausforderung? Gibt es denn in der Kunst nicht noch genügend
> seinspezifische, menschennahere Themen, die es mehr-wert sind, sich
damit zu
> befassen?
> Die Nichtigkeit der Kunst, deren Übergang in den Markt, das sei die
> Erfüllung?
>
> Schade.
>
>
> on 21.07.2008 15:59 Uhr, Stefan Beck at stefan@... schrieb:
>
> > Gestern radelte ich nach Offenbach und hatte folgende Gedanken:
> >
> > Wenn es keinerlei Grund für das einzelne individuelle Kunstwerk mehr
> > gibt (keinen Anlass, kein Material, keine Geschichte), dann kommt dem
> > System Kunst, dem Kunstbetrieb, eine überragende Bedeutung zu.
> >
> > Ihm kommt dann die Einordnung, Klassifizierung, Verwaltung und
Sammlung
> > der einzelnen Nichtigkeiten zu.
> >
> > Wie gehen die Künstler damit um?
> >
> > Indem sie nur noch nichtigere Nichtigkeiten produzieren und ihre ganze
> > Energie ins Marketing stecken?
> >
> > Oder gibt es auch solche, die den seltsamen Zustand des Kunstsystems
> > thematisieren?
> >
> > Theoretisch am Schärfsten hat das Michael Lingner in Hamburg gefasst.
> > Der ist zwar Professor an der Kunsthochschule, aber nicht mehr
explizit
> > als Künstler. Vielleicht als Konsequenz seiner Überlegungen.
> >
> > Elaine Sturtevant.
> >
> >> Wie zuvor keine andere Künstlerin insistiert Sturtevant mit ihren
Arbeiten
> >> auf der Frage nach dem wahren Wert von Kunst im Kunstbetrieb, der
> >> Autorenschaft, der genuinen Schöpferrolle und stellt die Begriffe
Original
> >> und Originalität zur Disposition.
> >
> > http://www.mmk-frankfurt.de/mmk_d/03_sturtevant03.html
> >
> > Ein spannender, wenn auch grenzwertiger Ansatz. Auf der Ebene des
Werkes
> > sind ihre "Kopien" nur nichtige Nichtigkeiten, als System betrachtet,
> > sind sie ein Angriff auf die Idee der Sammlung und des Museums.
> >
> > Gibt es noch andere Künstler, die so arbeiten?
> >
> >
> >
> >
> >
> > * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
> > * Gib Thing Frankfurt Dein Gesicht:
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