Received 23. 07. 2008 -- 17:35 from
fromBetrifft: Kunst am Nullpunkt @ Sabine
Hallo Stefan, hallo allen anderen,
ich glaube, ich bin einem Missverständnis aufgesessen: die
kommunikativen Handlungen sind gleich "Marketing"?
Dann nehme ich alles zurück und muss erstmal wieder überlegen...
was ich bis jetzt verstehe möchte ich nochmal in eigene Worte fassen
und bitte um Korrektur (also jetzt mal SEHR frei nach Lingner ;-) ):
weil die Kunstwerke ihren Wert verlieren, den sie bis vor einiger Zeit
inne hatten, gilt es, das herauszustellen, was ihren Wert mindert, und
daraus eine eigene Kunstform zu machen: das Sprechen über Kunst als
gegenstandslose Sache - kann man sagen: über die "Idee Kunst"? (Das
kenne ich bis jetzt nur verbaltheoretisch, nicht als eigenständige
Kunstform. Und so bin ich bis jetzt sehr gut damit klar gekommen...)
Und wird das dann nicht eine ziemlich ironische bis zynische
Angelegenheit? Für was ist diese Kunst bzw. gegen was richtet sie
sich? Oder ist es gar kein "Für" oder "Wider", sondern - wie Du
schreibst - Konsequenz? Ist das alles das richtige Fazit? Oder beugt
man sich zu früh einem System, dem man mittlerweile nur mehr
enttäuscht begegnet? Kann die Theorie auch als "Bestrafung" angesehen
werden, genauso wie als "Konsequenz"?
Wird mit den Theorien Lingners nicht eine ganz neue Einseitigkeit
gefördert, und ist die Verallgemeinerung vonnöten, was
"gegenstandsvolle" (als etwas holpriger Gegensatz zu
"gegenstandslose") Kunst angeht?
Entschuldige die vielleicht naiven Fragen, aber ich möchte es wirklich
gut verstehen; die Denkansätze finde ich sehr wichtig; ich fühle, dass
ich nicht mit Lingner konform gehe, aber kann alles noch nicht (im
Hirn und in Worte) fassen...
... und jetzt "versuche" ich die Schriften.......
--- In thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de hat Stefan Beck
geschrieben:
>
> Liebe Sabine,
>
> sorry, dass ich Dir noch nicht auf Deinen Kommentar geantwortet habe.
>
> Im Zusammenhang der letzten Beiträge greife ich nochmal das heraus:
>
> > Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> > sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> > hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
>
> Das mag vielleicht gegolten haben, aber wurde es auch explizit
hergestellt?
>
> Primär schaffen die Künstler immer noch Objekte, und das Kunstsystem
> honoriert diese Objekte. Das ist der Mythos vom Gebrauchswert.
>
> Tatsächlich, glaube ich, sind aber nachrangige kommunikative Handlungen
> (Marketing) vonnöten, um die Objekte im Kunstsystem unterzubringen.
>
> Lingner sieht nun, dass der Tauschwert den Gebrauchwert immer mehr
> überlagert und gänzlich zum Verschwinden zu bringen droht.
>
> In Konsequenz fordert er die kommunikativen Handlungen vorrangig und
> expizit zu behandeln.
>
> Wie das genau gehen kann, weiss auch er nicht. Ein erster Schritt kann
> für ihn die Abschaffung der Objekte und damit der Ausstellungen
bedeuten.
>
> Eine Übersicht zu Schriften Lingners findet sich hier:
>
> --> http://ask23.hfbk-hamburg.de/draft/archiv/ml_publikationen/
>
>
> > Hallo zusammen,
> >
> > ich beziehe mich auf einen Artikel von Stefan Beck auf der "thing
> > frankfurt"-Seite vom 04.08.2005, einer Transkription eines Vortrags
> > von ihm. Darin legt er dar, "warum Ausstellung als Modus der Kunst
> > keinen Sinn mehr macht und welche Aspekte einer zukünftigen Kunst im
> > Internet verwirklicht werden könnten."
> >
> > Der Artikel ist sehr lesenswert; trotzdem hinterlasse ich hier nur
> > seine Adresse (www.thing-net.de/cms/artikel223.html) und meine
> > Gedanken dazu; ich glaube, das passt zu Ihrem Beitrag...:
> >
> > Muss man es denn gegensätzlich sehen? Oder ist das besprochene "Ende
> > der Ausstellungskunst" nicht nur ein weiterer Hinweis darauf, dass
> > nichts, aber auch gar nichts festzuschreiben geht? Dass der
> > Kunstmarkt, indem er festschreibt und das auch noch begründet, sich
> > lächerlich macht, und indem er es vehement nicht tut, und das ebenso
> > schlüssig begründet, auch?
> >
> > Wiederholenswert ist für mich jedenfalls: "Wenn es im Sinne von Groys
> > auf das Museum hin geschaffen wurde, so muss es abgeschlossen sein.
> > Denn das Museum als Garant des Kunstwertes kann sich nicht auf Werke
> > einlassen, deren Wert sich ständig verändert."
> >
> > Aber genau das tut es! Es lässt sich ein. Es muss dazu stehen, zu
> > sagen 'du bist es wert', und muss sich gefallen lassen, dass es diesen
> > Wert erklären muss. Und der erklärende Mensch (oder eben Sprecher der
> > Institution) tut gut daran, das PERSÖNLICH zu tun, also auf
> > persönliche Art, und nicht seinen Wertbegriff der gesamten Menschheit
> > überzustülpen... Es gibt keinen Wert, den ein Kunstwerk per se
> > innehätte, und es ist egal, welches zum Widerlegen herangezogen würde.
> > Und das gilt auch außerhalb eines "White Cube", für jedweden
> > künstlerischen Ausdruck.
> >
> > Die Kommunikation selbst ist die Kunst? Oder ist gemeint, dass, wenn
> > Kommunikation so immens wichtig ist/wird, dieses Beuys'sche 'jeder
> > Mensch ein Künstler' langsam einmal die Bestätigung erfährt, die ihm
> > (dem Ausspruch) schon so oft verweigert worden ist?
> >
> > Die These von Lingner, "dass Kunst nicht mehr vorrangig "da" ist,
> > sondern erst gesellschaftlich-kommunikativ hergestellt werden muss" -
> > hat das nicht zu allen Zeiten schon gegolten, ob erkannt oder nicht?
> > Zeigt nicht GERADE die Kunstgeschichte, die Entwicklung hin zur
> > Modernen und über die Moderne hinaus, in die Gegenwartskunst hinein
> > und - ich wette - über sie hinaus, dass man darüber nun wirklich nicht
> > mehr streiten sollte? Worüber streiten die Leute wirklich, wenn sie
> > darüber streiten? Ich denke, all das entlarvt einmal mehr. Es entlarvt
> > das "Benutzen" von Kunst zu den Zwecken desjenigen, es entlarvt den
> > Sprecher, der sich einen abstrakten Begriff einverleibt und dann auch
> > noch argumentiert --- keinem anderen nicht-definierten Begriff wird so
> > etwas angetan; die Kunst muss es ertragen.
> >
> > Ich unterstütze den Dialoggedanken in der Kunst leidenschaftlich! Nach
> > allen möglichen Thesen kann dann auch eine Arbeit, ein "Werk"
> > abgeschlossen sein - die mögliche Kunstempfindung wird es nie sein.
> >
> > Viele Grüße,
> >
> > Sabine Pint
> >
>
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