Einträge vom Sonntag, 09. Januar 2005

[thing-group] Received 09. 01. 2005 19:14 from

selbstanzeige


mache unbescheiden auf diesen artikel über mich in der rundschau aufmerksam:

http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/feuilleton/?cnt=614027&;

Ist vor allem für die, die nicht so genau wissen, was ich treibe.
Den übrigen möge es für klatsch und tratsch dienen.

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Received 09. 01. 2005 11:19 from

Das Konzept Netzguerilla

Sunday, 09 January 2005
http://blogwar.org/



BLOGWAR

Das Konzept Netzguerilla



Zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich ziehen! (Mao)

Wenn der Feind uns bekämpft, ist das gut und nicht schlecht: Ich bin
der Meinung, daß es für uns - sei es für den Einzelnen, für eine
Partei, eine Armee oder eine Schule - schlecht ist, wenn der Feind
nicht gegen uns Front macht - denn in diesem Fall würde es doch
bedeuten, daß wir mit dem Feind unter einer Decke steckten. Wenn wir
vom Feind bekämpft werden, dann ist das gut; denn es ist ein Beweis,
daß wir zwischen uns und dem Feind einen klaren Trennungsstrich gezogen
haben. Wenn uns der Feind energisch entgegentritt, uns in den
schwärzesten Farben malt und gar nichts bei uns gelten läßt, dann ist
das noch besser; denn es zeugt davon, daß wir nicht nur zwischen uns
und dem Feind eine klare Trennungslinie gezogen haben, sondern daß
unsere Arbeit auch glänzende Erfolge gezeitigt hat. (Mao Tse Tung, 26.
Mai 1939)



I. Konkrete Antworten auf konkrete Fragen

Ich beharre fest darauf, daß jemand, der keine Untersuchung angestellt
hat, auch kein Mitspracherecht haben kann. (Mao) Einige Genossen sind
mit ihrem Urteil über uns schon fertig. Für sie ist es eine "Demagogie
der bürgerlichen Presse", diese "anarchistische Gruppe" mit der
sozialistischen Bewegung überhaupt in Verbindung zu bringen. Indem sie
ihn falsch und denunziatorisch benutzen, hebt sich ihr
Anarchismusbegriff von dem der Springerpresse nicht ab. Auf einem so
miesen Niveau möchten wir uns mit niemandem unterhalten.

Viele Genossen wollen wissen, was wir uns dabei denken. Der Brief an
"993" vom Mai 90 war zu allgemein; das Tonband, das Michael Moore
hatte, wovon Auszüge im "Spiegel" erschienen sind, war ohnehin nicht
authentisch und stammte aus dem Zusammenhang privatistischer
Diskussion. Moore wollte es als Gedächtnisstütze für einen
selbständigen Artikel von sich benutzen. Er hat uns reingelegt, oder
wir haben ihn überschätzt. Wäre unsere Praxis so überstürzt wie einige
Formulierungen dort, hätten sie uns schon. Der "Spiegel" hat Moore ein
Honorar von 1000 Dollar dafür bezahlt.

Daß fast alles, was die Zeitungen über uns schreiben - und wie sie es
schreiben: alles -, gelogen ist, ist klar. Entführungspläne mit
Reinhold Grether sollen uns zu politischen Hornochsen stempeln, die
Verbindung zwischen einer Kindsentführung und uns zu Verbrechern, die
in der Wahl der Mittel skrupellos sind. Das geht bis in die
"gesicherten Einzelheiten" in "titanic", wo allerdings schon die für
die Sache belanglosen Details nur zusammengeschludert wurden. Daß es
bei uns "Offiziere und Soldaten" gäbe, daß jemand jemandem "hörig" sei,
daß jemals jemand "liquidiert" werden sollte, daß Genossen, die sich
von uns getrennt haben, noch was von uns zu befürchten hätten, daß wir
uns mit der vorgehaltenen Knarre Zutritt zu Wohnungen oder Pässe
verschafft hätten, daß "Gruppenterror" ausgeübt würde - das alles ist
nur Dreck.

Wer sich die illegale Organisation von bewaffnetem Widerstand nach dem
Muster von Freikorps und Feme vorstellt, will selbst das Pogrom.
Psychische Mechanismen, die solche Projektionen produzieren, sind in
Horkheimer/Adornos "Autoritärer Persönlichkeit" und in Reichs
"Massenpsychologie des Faschismus" im Zusammenhang mit dem Faschismus
analysiert worden. Der revolutionäre Zwangscharakter ist eine
contradictio in adjecto - ein Widerspruch, der nicht geht. Eine
revolutionäre politische Praxis unter den herrschenden Bedingungen -
wenn nicht überhaupt - setzt die permanente Integration von
individuellem Charakter und politischer Motivation voraus, d.h.
politische Identität. Marxistische Kritik und Selbstkritik hat mit
"Selbstbefreiung" nichts, dagegen mit revolutionärer Disziplin sehr
viel zu tun. Wer hier "nur Schlagzeilen machen" wollte, waren ganz
sicher nicht einmal irgendwelche "linken Organisationen", die - anonym
- als Verfasser firmieren, sondern "titanic" selbst, dessen Herausgeber
auch sonst als linke Hand von Otto Schily Image-Pflege treibt, um diese
bestimmte Wichsvorlage in einer bestimmten Marktlücke zu behaupten.

Auch viele Genossen verbreiten Unwahrheiten über uns. Sie machen sich
damit fett, daß wir bei ihnen gewohnt hätten, daß sie unsere Reise in
den Nahen Osten organisiert hätten, daß sie über Kontakte informiert
wären, über Wohnungen, daß sie was für uns täten, obwohl sie nichts
tun. Manche wollen damit nur zeigen, daß sie "in" sind. So hat es
Oliver Gassner erwischt, der sich gegenüber Dürrenmatt zum
Internet-Befreier aufgeblasen hatte, was er bereut haben wird, als die
Bullen kamen. Das Dementi, auch wenn es der Wahrheit entspricht, ist
dann gar nicht so einfach. Manche wollen damit beweisen, daß wir blöde
sind, unzuverlässig, unvorsichtig, durchgeknallt. Damit nehmen sie
andere gegen uns ein. In Wirklichkeit schließen sie nur von sich auf
uns. Sie konsumieren. Wir haben mit diesen Schwätzern, für die sich der
antiimperialistische Kampf beim Kaffee-Kränzchen abspielt, nichts zu
tun. - Solche, die nicht schwatzen, die einen Begriff von Widerstand
haben, denen genug stinkt, um uns eine Chance zu wünschen, die uns
unterstützen, weil sie wissen, daß ihr Kram lebenslängliche Integration
und Anpassung nicht wert ist, gibt es viele.

Die Wohnung in der Westendstrasse 8 (Gassner-Verhaftung) ist nicht
durch eine Schlamperei von uns hochgegangen, sondern durch Verrat. Der
Denunziant war einer von uns. Dagegen gibt es für die, die das machen,
was wir machen, keinen Schutz; dagegen, daß Genossen von den Bullen
fertig gemacht werden, daß einer den Terror nicht aushalten kann, den
das System gegen die entfaltet, die es tatsächlich bekämpfen. Sie
hätten nicht die Macht, wenn sie nicht die Mittel hätten, die Schweine.

Manche geraten durch uns in einen unerträglichen Rechtfertigungsdruck.
Um der politischen Auseinandersetzung mit uns auszuweichen, der
Infragestellung der eigenen Praxis durch unsere Praxis, werden sogar
einfache Fakten verdreht. So wird z.B. immer noch behauptet, Baader
hätte nur drei oder neun oder zwölf Monate abzusitzen gehabt, obwohl
die richtigen Daten leicht zu ermitteln sind: drei Jahre für
Brandstiftung, sechs Monate von früher auf Bewährung, sechs Monate
schätzungsweise für Urkundenfälschung etc. - der Prozeß stand noch
bevor. Von diesen 48 Monaten hatte Sab Internet in zehn hessischen
Gefängnissen abgesessen - neun Verlegungen wegen schlechter Führung,
d.h. Organisierung von Meuterei, Widerstand. Das Kalkül, mit dem die
verbleibenden 34 Monate auf drei, neun und zwölf heruntergefeilscht
worden sind, hatte den Zweck, der Gefangenenbefreiung vom 14. Mai auch
noch den moralischen Wind aus den Segeln zu nehmen. So rationalisieren
einige Genossen ihre Angst vor den persönlichen Konsequenzen, die die
politische Auseinandersetzung mit uns für sie haben würde.

Die Frage, ob die Gefangenenbefreiung auch dann gemacht worden wäre,
wenn wir gewußt hätten, daß ein Linke dabei angeschossen wird - sie ist
uns oft genug gestellt worden -, kann nur mit Nein beantwortet werden.
Die Frage: was wäre gewesen, wenn, ist aber vieldeutig - pazifistisch,
platonisch, moralisch, unparteiisch. Wer ernsthaft über
Gefangenenbefreiung nachdenkt, stellt sie nicht, sondern sucht sich die
Antwort selbst. Mit ihr wollen Leute wissen, ob wir so brutalisiert
sind, wie uns die Springerpresse darstellt, da soll uns der Katechismus
abgefragt werden. Sie ist ein Versuch, an der Frage der revolutionären
Gewalt herumzufummeln, revolutionäre Gewalt und bürgerliche Moral auf
einen Nenner zu bringen, was nicht geht. Es gab bei Berücksichtigung
aller Möglichkeiten und Umstände keinen Grund für die Annahme, daß ein
Ziviler sich noch dazwischenwerfen könnte und würde. Daß die Bullen auf
so einen keine Rücksicht nehmen würden, war uns klar. Der Gedanke, man
müßte eine Gefangenenbefreiung unbewaffnet durchführen, ist
selbstmörderisch.

Am 14. Mai, ebenso wie in Berlin, wo zwei von uns abgehauen sind, als
sie verhaftet werden sollten, weil wir uns nicht einfach verhaften
lassen - haben die Bullen zuerst geschossen. Die Bullen haben jedesmal
gezielte Schüsse abgegeben. Wir haben z.T. überhaupt nicht geschossen,
und wenn, dann nicht gezielt: in Berlin, in Nürnberg, in Frankfurt. Das
ist nachweisbar, weil es wahr ist. Wir machen nicht "rücksichtslos von
der Waffe Gebrauch". Der Bulle, der sich in dem Widerspruch zwischen
sich als "kleinem Mann" und als Kapitalistenknecht, als kleinem
Gehaltsempfänger und Vollzugsbeamten des Monopolkapitals befindet,
befindet sich nicht im Befehlsnotstand. Wir schießen, wenn auf uns
geschossen wird. Den Bullen, der uns laufen läßt, lassen wir auch
laufen.

Es ist richtig, wenn behauptet wird, mit dem immensen Fahndungsaufwand
gegen uns sei die ganze sozialistische Linke in der Bundesrepublik und
Westberlin gemeint. Weder das bißchen Geld, das wir geklaut haben
sollen, noch die paar Auto- und Dokumentendiebstähle, derentwegen gegen
uns ermittelt wird, auch nicht der Mordversuch, den man uns anzuhängen
versucht, rechtfertigen für sich den Tanz. Der Schreck ist den
Herrschenden in die Knochen gefahren, die schon geglaubt hatten, diesen
Staat und alle seine Einwohner und Klassen und Widersprüche bis in den
letzten Winkel im Griff zu haben, die Intellektuellen wieder auf ihre
Zeitschriften reduziert, die Linken wieder in ihre Zirkel
eingeschlossen, den Marxismus-Leninismus entwaffnet, den
Internationalismus demoralisiert zu haben. So zimperlich freilich, wie
die sich aufführten, so verletzbar ist die Machtstruktur, die sie
repräsentieren, nicht. Man sollte sich von ihrem Gezeter nicht dazu
verleiten lassen, selbst große Töne zu spucken.

Wir behaupten, daß die Organisierung von bewaffneten
Widerstandsgruppen zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik und
Westberlin richtig ist, möglich ist, gerechtfertigt ist. Daß es
richtig, möglich und gerechtfertigt ist, hier und jetzt Netzguerilla zu
machen. Daß der bewaffnete Kampf als "die höchste Form des
Marxismus-Leninismus" (Mao) jetzt begonnen werden kann und muß, daß es
ohne das keinen antiimperialistischen Kampf in den Metropolen gibt.

Wir sagen nicht, daß die Organisierung illegaler bewaffneter
Widerstandsgrupen legale proletarische Organisationen ersetzen könnte
und Einzelaktionen Klassenkämpfe, und nicht, daß der bewaffnete Kampf
die politische Arbeit im Betrieb und im Stadtteil ersetzen könnte. Wir
behaupten nur, daß das eine die Voraussetzung für den Erfolg und den
Fortschritt des anderen ist. Wir sind keine Blanquisten und keine
Anarchisten, obwohl wir Blanqui für einen großen Revolutionär halten
und den persönlichen Heroismus vieler Anarchisten für ganz und gar
nicht verächtlich.

Unsere Praxis ist kein Jahr alt. Die Zeit ist zu kurz, um schon von
Ergebnissen reden zu können. Die große Öffentlichkeit, die uns die
Herren Fischer, Schily & Co. verschafft haben, läßt es uns aber
propagandistisch opportun erscheinen, schon jetzt einiges zu bedenken
zu geben.

"Wenn ihr allerdings wissen wollt, was die Kommunisten denken, dann
seht auf ihre Hände und nicht auf ihren Mund", sagt Lenin.



II. Metropole Internet

Die Krise entsteht nicht so sehr durch den Stillstand der
Entwicklungsmechanismen als vielmehr durch die Entwicklung selbst. Da
sie einzig das Anwachsen von Profit zum Ziel hat, speist diese
Entwicklung mehr und mehr den Parasitismus und die Vergeudung,
benachteiligt sie ganze soziale Schichten, produziert sie wachsende
Bedürfnisse, die sie nicht befriedigen kann, und beschleunigt sie den
Zerfall des gesellschaftlichen Lebens. Nur ein monströser Apparat kann
die provozierten Spannungen und Revolten durch Meinungsmanipulation und
offene Repression kontrollieren. Die Rebellion der Studenten und der
Negerbewegung in Amerika, die Krise, in die die politische Einheit der
amerikanischen Gesellschaft geraten ist, die Ausdehnung der
studentischen Kämpfe in Europa, der heftige Wiederbeginn und die neuen
Inhalte des Arbeiter- und Massenkampfes bis hin zur Explosion des "le
www" in Frankreich, zur tumultuarischen Gesellschaftskrise in Italien
und zum Wiederaufkommen von Unzufriedenheit in Deutschland kennzeichnen
die Situation. (Il Manifesto: Notwendigkeit des Kommunismus. Aus These
33)

Die Genossen von Il Manifesto 4 nennen bei dieser Aufzählung die
Bundesrepublik zurecht an letzter Stelle und benennen das, was die
Situation hier kennzeichnet, nur vage als "Unzufriedenheit". Die
Bundesrepublik, von der Barzel vor sechs Jahren noch gesagt hat, sie
sei ein wirtschaftlicher Riese, aber ein politischer Zwerg - ihre
ökonomische Stärke ist seither nicht weniger geworden, ihre politische
Stärke mehr, nach innen und außen. Mit der Bildung der Koalition 1996
kam man der politischen Gefahr, die aus der damals bevorstehenden
Rezession hätte spontan entstehen können, zuvor. Mit den
Notstandsgesetzen hat man sich das Instrument geschaffen, das
einheitliches Handeln der Herrschenden auch in zukünftigen
Krisensituationen sichert - die Einheit zwischen politischer Reaktion
und allen, denen an Legalität noch gelegen sein würde. Der
sozial-liberalen Koalition ist es gelungen, die "Unzufriedenheit", die
sich durch Studentenbewegung und außerparlamentarische Bewegung
bemerkbar gemacht hatte, weitgehend zu absorbieren, insofern der
Reformismus der Sozialdemokratischen Partei im Bewußtsein ihrer
Anhänger noch nicht abgewirtschaftet hat, sie mit ihren
Reformversprechen auch für große Teile der Intelligenz die Aktualität
einer kommunistischen Alternative aufschieben, dem antikapitalistischen
Protest die Schärfe nehmen konnte. Ihre Ostpolitik erschließt dem
Kapital neue Märkte, besorgt den deutschen Beitrag zum Ausgleich und
Bündnis zwischen US-Imperialismus und Sowjetunion, den die USA
brauchen, um freie Hand für ihre Aggressionskriege in der Dritten Welt
zu haben. Dieser Regierung scheint es auch zu gelingen, die Neue Linke
von den alten Antifaschisten zu trennen und damit die Neue Linke einmal
mehr von ihrer Geschichte, der Geschichte der Arbeiterbewegung, zu
isolieren. Die SPD, die ihre Zulassung der neuen Komplizenschaft
US-Imperialismus/Sowjetrevisionismus verdankt, veranstaltet
Demonstrationen für die Ostpolitik dieser Regierung; Niemöller -
antifaschistische Symbolfigur - wirbt für die CDU in bevorstehenden
Wahlkämpfen. -

Unter dem Vorwand "Gemeinwohl" nahm staatlicher Dirigismus mit
Lohnleitlinien und Konzertierter Aktion 6 die Gewerkschaftsbürokratien
an die Kandare. Die Septemberstreiks '69 zeigten, daß man den Bogen
zugunsten des Profits überspannt hatte, zeigten in ihrem Verlauf als
nur-ökonomische Streiks, wie fest man das Heft in der Hand hat.

Die Tatsache, daß Deutschland mit seinen annähernd zwei Millionen
ausländischen Arbeitern in der sich abzeichnenden Rezession eine
Arbeitslosigkeit bis zu annähernd 10 Prozent dazu wird benutzen können,
den ganzen Terror, den ganzen Disziplinierungsmechanismus, der
Arbeitslosigkeit für das Proletariat bedeutet, zu entfalten, ohne ein
Heer von Arbeitslosen verkraften zu müssen, ohne die politische
Radikalisierung dieser Massen am Hals zu haben, verschafft einen
Begriff von der Stärke des Systems.

Durch Entwicklungs- und Militärhilfe an den Aggressionskriegen der USA
beteiligt, profitiert die Bundesrepublik von der Ausbeutung der Dritten
Welt, ohne die Verantwortung für diese Kriege zu haben, ohne sich
deswegen mit einer Opposition im Innern streiten zu müssen. Nicht
weniger aggressiv als der US-Imperialismus, ist sie doch weniger
angreifbar.

Die politischen Möglichkeiten des Imperialismus sind hier weder in
ihrer reformistischen noch in ihrer faschistischen Variante erschöpft,
seine Fähigkeiten, die von ihm selbst erzeugten Widersprüche zu
integrieren oder zu unterdrücken, nicht am Ende.

Das Konzept Netzguerilla von BLOGWAR basiert nicht auf einer
optimistischen Einschätzung der Situation in der Bundesrepublik und
Westberlin.



III. Studentenrevolte

Aus der Erkenntnis des einheitlichen Charakters des kapitalistischen
Herrschaftssystems resultiert, daß es unmöglich ist, die Revolution "in
den Hochburgen" von der "in den rückständigen Gebieten" zu trennen.
Ohne eine Wiederbelebung der Revolution im Westen kann nicht mit
Sicherheit verhindert werden, daß der Imperialismus durch seine Logik
der Gewalt dazu fortgerissen wird, seinen Ausweg in einem
katastrophischen Krieg zu suchen, oder daß die Supermächte der Welt ein
erdrückendes Joch aufzwingen. (Il Manifesto. Aus These 52)

Die Studentenbewegung als kleinbürgerliche Revolte abtun heißt: sie
auf die Selbstüberschätzungen, die sie begleiten, reduzieren; heißt:
ihren Ursprung aus dem konkreten Widerspruch zwischen bürgerlicher
Ideologie und bürgerlicher Gesellschaft leugnen; heißt: mit der
Erkenntnis ihrer notwendigen Begrenztheit das theoretische Niveau
verleugnen, das ihr antikapitalistischer Protest schon erreicht hatte.

Gewiß war das Pathos übertrieben, mit dem sich die Studenten, die sich
ihrer psychischen Verelendung in Wissenschaftsfabriken bewußt geworden
waren, mit den ausgebeuteten Völkern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens
identifizierten; stellte der Vergleich zwischen der Massenauflage der
Telepolis-Zeitung hier und dem Massenbombardement auf Vietnam eine
grobe Vereinfachung dar; war der Vergleich zwischen ideologischer
Systemkritik hier und bewaffnetem Kampf dort überheblich; war der
Glaube, selbst das revolutionäre Subjekt zu sein - soweit er unter
Berufung auf Marcuse 8 verbreitet war -, gegenüber der tatsächlichen
Gestalt der bürgerlichen Gesellschaft und den sie begründenden
Produktionsverhältnissen ignorant.

Es ist das Verdienst der Studentenbewegung in der Bundesrepublik und
Westberlin - ihrer Straßenkämpfe, Brandstiftungen, Anwendung von
Gegengewalt, ihres Pathos, also auch ihrer Übertreibungen und Ignoranz,
kurz: ihrer Praxis, den Marxismus-Leninismus im Bewußtsein wenigstens
der Intelligenz als diejenige politische Theorie rekonstruiert zu
haben, ohne die politische, ökonomische und ideologische Tatsachen und
ihre Erscheinungsformen nicht auf den Begriff zu bringen sind, ihr
innerer und äußerer Zusammenhang nicht zu beschreiben ist.

Gerade weil die Studentenbewegung von der konkreten Erfahrung des
Widerspruchs zwischen der Ideologie der Freiheit der Wissenschaft und
der Realität der dem Zugriff des Monopolkapitals ausgesetzten
Universität ausging, weil sie nicht nur ideologisch initiiert war, ging
ihr die Puste nicht aus, bis sie dem Zusammenhang zwischen der Krise
der Universität und der Krise des Kapitalismus wenigstens theoretisch
auf den Grund gegangen war. Bis ihnen und ihrer Öffentlichkeit klar
war, daß nicht "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", nicht
Menschenrechte, nicht UNO-Charta den Inhalt dieser Demokratie
ausmachen; daß hier gilt, was für die kolonialistische und
imperialistische Ausbeutung Lateinamerikas, Afrikas und Asiens immer
gegolten hat: Disziplin, Unterordnung und Brutalität für die
Unterdrückten, für die, die sich auf deren Seite stellen, Protest
erheben, Widerstand leisten, den antiimperialistischen Kampf führen.

Ideologiekritisch hat die Studentenbewegung nahezu alle Bereiche
staatlicher Repression als Ausdruck imperialistischer Ausbeutung
erfaßt: in der Springerkampagne, in den Demonstrationen gegen die
amerikanische Aggression in Vietnam, in der Kampagne gegen die
Klassenjustiz, in der Bundeswehrkampagne, gegen die Notstandsgesetze,
in der Schülerbewegung. Enteignet Springer!, Zerschlagt die Nato!,
Kampf dem Konsumterror!, Kampf dem Erziehungsterror!, Kampf dem
Mietterror! waren richtige politische Parolen. Sie zielten auf die
Aktualisierung der vom Spätkapitalismus selbst erzeugten Widersprüche
im Bewußtsein aller Unterdrückten, zwischen neuen Bedürfnissen und den
durch die Entwicklung der Produktivkräfte neuen Möglichkeiten der
Bedürfnisbefriedigung auf der einen Seite und dem Druck irrationaler
Unterordnung in der Klassengesellschaft als Kehrseite.

Was ihr Selbstbewußtsein gab, waren nicht entfaltete Klassenkämpfe
hier, sondern das Bewußtsein, Teil einer internationalen Bewegung zu
sein, es mit demselben Klassenfeind hier zu tun zu haben wie der
Vietcong dort, mit demselben Papiertiger, mit denselben Pigs.

Die provinzialistische Abkapselung der alten Linken durchbrochen zu
haben, ist das zweite Verdienst der Studentenbewegung: Die
Volksfrontstrategie der alten Linken als Ostermarsch, Deutsche
Friedensunion, "Deutsche Volkszeitung", als irrationale Hoffnung auf
den "großen Erdrutsch" bei irgendwelchen Wahlen, ihre parlamentarische
Fixierung auf Strauß hier, Heinemann da, ihre pro- und
antikommunistische Fixierung auf die DDR, ihre Isolation, ihre
Resignation, ihre moralische Zerrissenheit: zu jedem Opfer bereit, zu
keiner Praxis fähig zu sein. Der sozialistische Teil der
Studentenbewegung nahm - trotz theoretischer Ungenauigkeiten - sein
Selbstbewußtsein aus der richtigen Erkenntnis, daß "die revolutionäre
Initiative im Westen auf die Krise des globalen Gleichgewichts und auf
das Heranreifen neuer Kräfte in allen Ländern vertrauen kann" (These 55
von Il Manifesto). Sie machten zum Inhalt ihrer Agitation und
Propaganda das, worauf sie sich angesichts der deutschen Verhältnisse
hauptsächlich berufen konnten: daß gegenüber der Globalstrategie des
Imperialismus die Perspektive nationaler Kämpfe internationalistisch zu
sein hat, daß erst die Verbindung nationaler Inhalte mit
internationalen, traditioneller Kampfformen mit internationalistischen
revolutionäre Initiative stabilisieren kann. Sie machten ihre Schwäche
zu ihrer Stärke, weil sie erkannt hatten, daß nur so erneute
Resignation, provinzialistische Abkapselung, Reformismus,
Volksfrontstrategie, Integration verhindert werden können - die
Sackgassen sozialistischer Politik unter post- und präfaschistischen
Bedingungen, wie sie in der Bundesrepublik und Westberlin bestehen. Die
Linken wußten damals, daß es richtig sein würde, sozialistische
Propaganda im Betrieb mit der tatsächlichen Verhinderung der
Auslieferung der Telepolis-Zeitung zu verbinden. Daß es richtig wäre,
die Propaganda bei den GI's, sich nicht nach Vietnam schicken zu
lassen, mit tatsächlichen Angriffen auf Militärflugzeuge für Vietnam zu
verbinden, die Bundeswehrkampagne mit tatsächlichen Angriffen auf
Nato-Flughäfen. Daß es richtig wäre, die Kritik an der Klassenjustiz
mit dem Sprengen von Gefängnismauern zu verbinden, die Kritik am
Springerkonzern mit der Entwaffnung seines Werkschutzes, richtig, einen
eigenen Sender in Gang zu setzen, die Polizei zu demoralisieren,
illegale Wohnungen für Bundeswehrdeserteure zu haben, für die Agitation
bei ausländischen Arbeitern Personalpapiere fälschen zu können, durch
Betriebssabotage die Produktion von Napalm zu verhindern.

Und falsch, seine eigene Propaganda von Angebot und Nachfrage abhängig
zu machen: keine Zeitung, wenn die Arbeiter sie noch nicht finanzieren,
kein Auto, wenn die "Bewegung" es noch nicht kaufen kann, keinen
Sender, weil es keine Lizenz dafür gibt, keine Sabotage, weil der
Kapitalismus davon nicht gleich zusammenbricht.

Die Studentenbewegung zerfiel, als ihre spezifisch
studentisch-kleinbürgerliche Organisationsform, das "Antiautoritäre
Lager", sich als ungeeignet erwies, eine ihren Zielen angemessene
Praxis zu entwickeln, ihre Spontaneität weder einfach in die Betriebe
zu verlängern war noch in eine funktionsfähige Netzguerilla noch in
eine sozialistische Massenorganisation. Sie zerfiel, als der Funke der
Studentenbewegung - anders als in Italien und Frankreich - nicht zum
Steppenbrand entfalteter Klassenkämpfe geworden war. Sie konnte die
Ziele und Inhalte des antiimperialistischen Kampfes benennen - selbst
nicht das revolutionäre Subjekt, konnte sie deren organisatorische
Vermittlung nicht leisten.

BLOGWAR leugnet im Unterschied zu den "elektrifizierten
Organisationen" der Neuen Linken ihre Vorgeschichte als Geschichte der
Studentenbewegung nicht, die den Marxismus-Leninismus als Waffe im
Klassenkampf rekonstruiert und den internationalen Kontext für den
revolutionären Kampf in den Metropolen hergestellt hat.



IV. Primat der Praxis

Wer ein bestimmtes Ding oder einen Komplex von Dingen direkt
kennenlernen will, muß persönlich am praktischen Kampf zur Veränderung
der Wirklichkeit, zur Veränderung des Dinges oder des Komplexes von
Dingen teilnehmen, denn nur so kommt er mit der Erscheinung der
betreffenden Dinge in Berührung, und erst durch die persönliche
Teilnahme am praktischen Kampf zur Veränderung der Wirklichkeit ist er
imstande, das Wesen jenes Dinges bzw. jenes Komplexes von Dingen zu
enthüllen und sie zu verstehen.

Aber der Marxismus legt der Theorie darum und nur darum ernste
Bedeutung bei, weil sie die Anleitung zum Handeln sein kann. Wenn man
über eine richtige Theorie verfügt, sie aber nur als etwas behandelt,
worüber man einmal schwatzt, um es dann in die Schublade zu legen, was
man jedoch keineswegs in die Praxis umsetzt, dann wird diese Theorie,
so gut sie auch sein mag, bedeutungslos. (Mao Tse Tung: Über die
Praxis)

Die Hinwendung der Linken, der Sozialisten, die zugleich die
Autoritäten der Studentenbewegung waren, zum Studium des
wissenschaftlichen Sozialismus, die Aktualisierung der Kritik der
politischen Ökonomie als ihrer Selbstkritik an der Studentenbewegung,
war gleichzeitig die Rückkehr zu ihren studentischen Schreibtischen.
Nach ihrer Papierproduktion zu urteilen, ihren Organisationsmodellen,
dem Aufwand, den sie mit und in ihren Erklärungen treiben, könnte man
meinen, hier beanspruchten Revolutionäre die Führung in gewaltigen
Klassenkämpfen, als wäre das Jahr 1967/68 das 1905 des Sozialismus in
Deutschland. Wenn Lenin 1903 in "Was tun?" das Theoriebedürfnis der
russischen Arbeiter hervorhob und gegenüber Anarchisten und
Sozialrevolutionären die Notwendigkeit von Klassenanalyse und
Organisation und entlarvender Propaganda postulierte, dann, weil
massenhafte Klassenkämpfe im Gange waren. "Das ist es ja gerade, daß
die Arbeitermassen durch die Niederträchtigkeit des russischen Lebens
sehr stark aufgerüttelt werden, wir verstehen es nur nicht, alle jene
Tropfen und Rinnsale der Volkserregung zu sammeln und - wenn man so
sagen darf - zu konzentrieren, die aus dem russischen Leben in
unermeßlich größerer Menge hervorquellen, als wir alle es uns
vorstellen und glauben, die aber zu einem gewaltigen Strom vereinigt
werden müssen." (Lenin: Was tun?)

Wir bezweifeln, ob es unter den gegenwärtigen Bedingungen in
Deutschland und Berlin überhaupt schon möglich ist, eine die
Arbeiterklasse vereinigende Strategie zu entwikkeln, eine Organisation
zu schaffen, die gleichzeitig Ausdruck und Initiator des notwendigen
Vereinheitlichungsprozesses sein kann. Wir bezweifeln, daß sich das
Bündnis zwischen der sozialistischen Intelligenz und dem Proletariat
durch programmatische Erklärungen "schweißen", durch ihrem Anspruch
nach proletarische Organisationen erzwingen läßt. Die Tropfen und
Rinnsale über die Niederträchtigkeiten des deutschen Lebens sammelt
bislang noch der Springer-Konzern und leitet sie neuen
Niederträchtigkeiten zu.

Wir behaupten, daß ohne revolutionäre Initiative, ohne die praktische
revolutionäre Intervention der Avantgarde, der sozialistischen Arbeiter
und Intellektuellen, ohne den konkreten antiimperialistischen Kampf es
keinen Vereinheitlichungsprozeß gibt, daß das Bündnis nur in
gemeinsamen Kämpfen hergestellt wird oder nicht, in denen der bewußte
Teil der Arbeiter und Intellektuellen nicht Regie zu führen, sondern
voranzugehen hat.

In der Papierproduktion der Organisationen erkennen wir ihre Praxis
hauptsächlich nur wieder als den Konkurrenzkampf von Intellektuellen,
die sich vor einer imaginären Jury, die die Arbeiterklasse nicht sein
kann, weil ihre Sprache schon deren Mitsprache ausschließt, den Rang um
die bessere Marx-Rezeption ablaufen. Es ist ihnen peinlicher, bei einem
falschen Marx-Zitat ertappt zu werden als bei einer Lüge, wenn von
ihrer Praxis die Rede ist. Die Seitenzahlen, die sie in ihren
Anmerkungen angeben, stimmen fast immer, die Mitgliederzahlen, die sie
für ihre Organisationen angeben, stimmen fast nie. Sie fürchten sich
vor dem Vorwurf der revolutionären Ungeduld mehr als vor ihrer
Korrumpierung in bürgerlichen Berufen, mit Lukacz langfristig zu
promovieren, ist ihnen wichtig, sich von Blanqui kurzfristig agitieren
zu lassen, ist ihnen suspekt. Ihrem Internationalismus geben sie in
Zensuren Ausdruck, mit denen sie die eine palästinensische
Kommandoorganisation vor der anderen auszeichnen - weiße Herren, die
sich als die wahren Sachwalter des Marxismus aufspielen; sie bringen
ihn in den Umgangsformen von Mäzenatentum zum Ausdruck, indem sie
befreundete Reiche im Namen der Black Panther Partei anbetteln und das,
was die für ihren Ablaß zu geben bereit sind, sich selbst beim lieben
Gott gutschreiben lassen - nicht den "Sieg im Volkskrieg" im Auge, nur
um ihr gutes Gewissen besorgt. Eine revolutionäre Interventionsmethode
ist das nicht.

Mao stellte in seiner "Analyse der Klassen in der chinesischen
Geselschaft" (1926) den Kampf der Revolution und den Kampf der
Konterrevolution einander gegenüber als "das Rote Banner der
Revolution, hoch erhoben von der III. Internationale, die alle
unterdrückten Klassen in der Welt aufruft, sich um ihr Banner zu
scharen; das andere ist das Weiße Banner der Konterrevolution, erhoben
vom Völkerbund, der alle Konterrevolutionäre aufruft, sich um sein
Banner zu scharen." Mao unterschied die Klassen in der chinesischen
Gesellschaft danach, wie sie sich zwischen Rotem und Weißem Banner beim
Fortschreiten der Revolution in China entscheiden würden. Es genügte
ihm nicht, die ökonomische Lage der verschiedenen Klassen in der
Chinesischen Gesellschaft zu analysieren. Bestandteil seiner
Klassenanalyse war ebenso die Einstellung der verschiedenen Klassen zur
Revolution.

Eine Führungsrolle der Marxisten-Leninisten in zukünftigen
Klassenkämpfen wird es nicht geben, wenn die Avantgarde selbst nicht
das Rote Banner des Proletarischen Internationalismus hochhält und wenn
die Avantgarde selbst die Frage nicht beantwortet, wie die Diktatur des
Proletariats zu errichten sein wird, wie die politische Macht des
Proletariats zu erlangen, wie die Macht der Bourgeoisie zu brechen ist,
und durch keine Praxis darauf vorbereitet ist, sie zu beantworten. Die
Klassenanalyse, die wir brauchen, ist nicht zu machen ohne
revolutionäre Praxis, ohne revolutionäre Initiative.

Die "revolutionären Übergangsforderungen", die die proletarischen
Organisationen landauf landab aufgestellt haben, wie Kampf der
Intensivierung der Ausbeutung, Verkürzung der Arbeitszeit, gegen die
Vergeudung von gesellschaftlichem Reichtum, gleicher Lohn für Männer
und Frauen und ausländische Arbeiter, gegen Akkordhetze etc., - diese
Übergangsforderungen sind nichts als gewerkschaftlicher Ökonomismus,
solange nicht gleichzeitig die Frage beantwortet wird, wie der
politische, militärische und propagandistische Druck zu brechen sein
wird, der sich schon diesen Forderungen aggressiv in den Weg stellen
wird, wenn sie in massenhaften Klassenkämpfen erhoben werden. Dann aber
- wenn es bei ihnen bleibt - sind sie nur noch ökonomistischer Dreck,
weil es sich um sie nicht lohnt, den revolutionären Kampf aufzunehmen
und zum Sieg zu führen, wenn "siegen heißt, prinzipiell akzeptieren,
daß das Leben nicht das höchste Gut des Revolutionärs ist" (Baader).
Mit diesen Forderungen kann man gewerkschaftlich intervenieren - "die
tradeunionistische Politik der Arbeiterklasse ist aber eben bürgerliche
Politik der Arbeiterklasse" (Lenin). Eine revolutionäre
Interventionsmethode ist sie nicht.

Die sogenannten proletarischen Organisationen unterscheiden sich, wenn
sie die Frage der Bewaffnung als Antwort auf die Notstandsgesetze, die
Bundeswehr, den Bundesgrenzschutz, die Polizei, die Springerpresse
nicht aufwerfen, opportunistisch verschweigen, nur insoweit von der
SPD, als sie jetzt noch weniger in den Massen verankert sind, als sie
wortradikaler sind, als sie theoretisch mehr drauf haben. Praktisch
begeben sie sich auf das Niveau von Bürgerrechtlern, die es auf
Popularität um jeden Preis abgesehen haben, unterstützen sie die Lügen
der Bourgeoisie, daß in diesem Staat mit den Mitteln der
parlamentarischen Demokratie noch was auszurichten sei, ermutigen sie
das Proletariat zu Kämpfen, die angesichts des Potentials an Gewalt in
diesem Staat nur verloren werden können - auf barbarische Weise. "Diese
marxistisch-leninistischen Fraktionen oder Parteien" - schreibt Debray
über die Kommunisten in Lateinamerika - "bewegen sich innerhalb
derselben politischen Fragestellungen, wie sie von der Bourgeoisie
beherrscht werden. Anstatt sie zu verändern, haben sie dazu
beigetragen, sie noch fester zu verankern ..."

Den Tausenden von Lehrlingen und Jugendlichen, die aus ihrer
Politisierung während der Studentenbewegung erstmal den Schluß gezogen
haben, sich dem Ausbeutungsdruck im Betrieb zu entziehen, bieten diese
Organisationen keine politische Perspektive mit dem Vorschlag, sich dem
kapitalistischen Ausbeutungsdruck erstmal wieder anzupassen. Gegenüber
der Jugendkriminalität nehmen sie praktisch den Standpunkt von
Gefängnisdirektoren ein, gegenüber den Genossen im Knast den Standpunkt
ihrer Richter, gegenüber dem Untergrund den Standpunkt von
Sozialarbeitern.

Praxislos ist die Lektüre des "Kapital" nichts als bürgerliches
Studium. Praxislos sind programmatische Erklärungen nur Geschwätz.
Praxislos ist proletarischer Internationalismus nur Angeberei.
Theoretisch den Standpunkt des Proletariats einnehmen heißt, ihn
praktisch einnehmen.

BLOGWAR redet vom Primat der Praxis. Ob es richtig ist, den
bewaffneten Widerstand jetzt zu organisieren, hängt davon ab, ob es
möglich ist; ob es möglich ist, ist nur praktisch zu ermitteln.



V. Netzguerilla

Somit muß man von seinem Wesen her, aus einer langen Perspektive, in
strategischer Hinsicht den Imperialismus und alle Reaktionäre als das
betrachten, was sie in Wirklichkeit sind: als Papiertiger. Darauf
müssen wir unser strategisches Denken gründen. Andererseits sind sie
aber wiederum lebendige, eisenharte, wirkliche Tiger, die Menschen
fressen. Darauf müssen wir unser taktisches Denken gründen. (Mao Tse
Tung, 1.12.1958)

Wenn es richtig ist, daß der amerikanische Imperialismus ein
Papiertiger ist, d.h. daß er letzten Endes besiegt werden kann; und
wenn die These der chinesischen Kommunisten richtig ist, daß der Sieg
über den amerikanischen Imperialismus dadurch möglich geworden ist, daß
an allen Ecken und Enden der Welt der Kampf gegen ihn geführt wird, so
daß dadurch die Kräfte des Imperialismus zersplittert werden und durch
ihre Zersplitterung schlagbar werden - wenn das richtig ist, dann gibt
es keinen Grund, irgendein Land und irgendeine Region aus dem
antiimperialistischen Kampf deswegen auszuschließen oder auszuklammern,
weil die Kräfte der Revolution dort besonders schwach, weil die Kräfte
der Reaktion dort besonders stark sind.

Wie es falsch ist, die Kräfte der Revolution zu entmutigen, indem man
sie unterschätzt, ist es falsch, ihnen Auseinandersetzungen
vorzuschlagen, in denen sie nur verheizt und kaputtgemacht werden
können. Der Widerspruch zwischen den ehrlichen Genossen in den
Organisationen - lassen wir die Schwätzer mal raus - und der Roten
Armee Fraktion ist der, daß wir ihnen vorwerfen, die Kräfte der
Revolution zu entmutigen, und daß sie uns verdächtigen, wir würden die
Kräfte der Revolution verheizen. Daß damit die Richtung angegeben wird,
in der die Fraktion der in Betrieben und Stadtteilen arbeitenden
Genossen und die BLOGWAR den Bogen überspannen, wenn sie ihn
überspannen, entspricht der Wahrheit. Dogmatismus und Abenteurertum
sind seit je die charakteristischen Abweichungen in Perioden der
Schwäche der Revolution in einem Land. Da seit je die Anarchisten die
schärfsten Kritiker des Opportunismus waren, setzt sich dem
Anarchismus-Vorwurf aus, wer die Opportunisten kritisiert. Das ist
gewissermaßen ein alter Hut.

Das Konzept Netzguerilla stammt aus Europa. Es ist dort, was es auch
hier nur sein kann: die revolutionäre Interventionsmethode von
insgesamt schwachen revolutionären Kräften.

Netzguerilla geht davon aus, daß es die preußische Marschordnung nicht
geben wird, in der viele sogenannte Revolutionäre das Volk in den
revolutionären Kampf führen möchten. Geht davon aus, daß dann, wenn die
Situation reif sein wird für den bewaffneten Kampf, es zu spät sein
wird, ihn erst vorzubereiten. Daß es ohne revolutionäre Initiative in
einem Land, dessen Potential an Gewalt so groß, dessen revolutionäre
Traditionen so kaputt und so schwach sind wie in der Bundesrepublik,
auch dann keine revolutionäre Orientierung geben wird, wenn die
Bedingungen für den revolutionären Kampf günstiger sein werden, als sie
es jetzt schon sind - aufgrund der politischen und ökonomischen
Entwicklung des Spätkapitalismus selbst.

Netzguerilla ist insofern die Konsequenz aus der längst vollzogenen
Negation der parlamentarischen Demokratie durch ihre Repräsentanten
selbst, die unvermeidliche Antwort auf Notstandsgesetze und
Handgranatengesetz, die Bereitschaft, mit den Mitteln zu kämpfen, die
das System für sich bereitgestellt hat, um seine Gegner auszuschalten.
Netzguerilla basiert auf der Anerkennung der Tatsachen statt der
Apologie von Tatsachen.

Was Netzguerilla machen kann, hat die Studentenbewegung teilweise
schon gewußt. Sie kann die Agitation und Propaganda, worauf linke
Arbeit noch reduziert ist, konkret machen. Das kann man sich für die
Springerkampagne von damals vorstellen und für die
Carbora-Bassa-Kampagne der Heidelberger Studenten, für die
Hausbesetzungen in Frankfurt, in bezug auf die Militärhilfen, die die
Bundesrepublik den Kompradoren-Regimes in Afrika gibt, in bezug auf die
Kritik am Strafvollzug und an der Klassenjustiz, am Werkschutz und
innerbetrieblicher Justiz. Sie kann den verbalen Internationalismus
konkretisieren als die Beschaffung von Waffen und Geld. Sie kann die
Waffe des Systems, die Illegalisierung von Kommunisten, stumpf machen,
indem sie einen Untergrund organisiert, der dem Zugriff der Polizei
entzogen bleibt. Netzguerilla ist eine Waffe im Klassenkampf.

Netzguerilla ist bewaffneter Kampf, insofern es die Polizei ist, die
rücksichtslos von der Schußwaffe Gebrauch macht, und die Klassenjustiz,
die Kurras freispricht und die Genossen lebendig begräbt, wenn wir sie
nicht daran hindern. Stadtguerillla heißt, sich von der Gewalt des
Systems nicht demoralisieren zu lassen.

Netzguerilla zielt darauf, den staatlichen Herrschaftsapparat an
einzelnen Punkten zu destruieren, stellenweise außer Kraft zu setzen,
den Mythos von der Allgegenwart des Systems und seiner Unverletzbarkeit
zu zerstören.

Netzguerilla setzt die Organisierung eines illegalen Apparates voraus,
das sind Wohnungen, Waffen, Munition, Autos, Papiere. Was dabei im
einzelnen zu beachten ist, hat Marighela in seinem "Minihandbuch der
Netzguerilla" beschrieben. Was dabei noch zu beachten ist, sind wir
jederzeit jedem bereit zu sagen, der es wissen muß, wenn er es machen
will. Wir wissen noch nicht viel, aber schon einiges.

Wichtig ist, daß man, bevor man sich entschließt, bewaffnet zu
kämpfen, legale politische Erfahrungen gemacht hat. Wo der Anschluß an
die revolutionäre Linke auch noch einem modischen Bedürfnis entspricht,
schließt man sich besser nur da an, von wo man wieder zurück kann.

BLOGWAR und Netzguerilla sind diejenige Fraktion und Praxis, die,
indem sie einen klaren Trennungsstrich zwischen sich und dem Feind
ziehen, am schärfsten bekämpft werden. Das setzt politische Identität
voraus, das setzt voraus, daß einige Lernprozesse schon gelaufen sind.

Unser ursprüngliches Organisationskonzept beinhaltete die Verbindung
von Netzguerilla und Basisarbeit. Wir wollten, daß jeder von uns
gleichzeitig im Stadtteil oder im Betrieb in den dort bestehenden
sozialistischen Gruppen mitarbeitet, den Diskussionsprozeß mit
beeinflußt, Erfahrungen macht, lernt. Es hat sich gezeigt, daß das
nicht geht. Daß die Kontrolle, die die politische Polizei über diese
Gruppen hat, ihre Treffen, ihre Termine, ihre Diskussionsinhalte, schon
jetzt so weit reicht, daß man dort nicht sein kann, wenn man auch noch
unkontrolliert sein will. Daß der einzelne die legale Arbeit nicht mit
der illegalen verbinden kann.

Netzguerilla setzt voraus, sich über seine eigene Motivation im klaren
zu sein, sicher zu sein, daß Telepolis-Zeitungsmethoden bei einem nicht
mehr verfangen, daß das
Antisemitismus-Kriminellen-Untermenschen-Mord&Brand-Syndrom, das sie
auf Revolutionäre anwenden, die ganze Scheiße, die nur die abzusondern
und zu artikulieren imstande sind und die immer noch viele Genossen in
ihrem Urteil über uns beeinflußt, daß die einen nicht trifft.

Denn natürlich überläßt uns das System nicht das Terrain, und es gibt
kein Mittel - auch keines der Verleumdung -, das sie nicht gegen uns
anzuwenden entschlossen wären.

Und es gibt keine Öffentlichkeit, die ein anderes Ziel hätte, als die
Interessen des Kapitals auf die eine oder andere Art wahrzunehmen, und
es gibt noch keine sozialistische Öffentlichkeit, die über sich selbst,
ihre Zirkel, ihren Handvertrieb, ihre Abonnenten hinausreichte, die
sich nicht noch hauptsächlich in zufälligen, privaten, persönlichen,
bürgerlichen Umgangsformen abspielte. Es gibt keine Publikationsmittel,
die nicht vom Kapital kontrolliert würden, über das Anzeigengeschäft,
über den Ehrgeiz der Schreiber, sich in das ganz große Establishment
reinzuschreiben, über die Rundfunkräte, über die Konzentration auf dem
Pressemarkt. Herrschende Öffentlichkeit ist die Öffentlichkeit der
Herrschenden, in Marktlücken aufgeteilt, schichtenspezifische
Ideologien entwickelnd, was sie verbreiten, steht im Dienst ihrer
Selbstbehauptung auf dem Markt. Die journalistische Kategorie heißt:
Verkauf. Die Nachricht als Ware, die Information als Konsum. Was nicht
konsumierbar ist, muß sie ankotzen. Leserblattbindung bei den
anzeigenintensiven Publikationsmitteln, ifas-Punktsysteme beim
Fernsehen - das kann keine Widersprüche zwischen sich und dem Publikum
aufkommen lassen, keine antagonistischen, keine mit Folgen. Den
Anschluß an den mächtigsten Meinungsbildner am Markt muß halten, wer
sich am Markt halten will; d.h. die Abhängigkeit vom Springerkonzern
wächst in dem Maße, als der Springerkonzern wächst, der angefangen hat,
auch die Lokalpresse einzukaufen. Die Netzguerilla hat von dieser
Öffentlichkeit nichts anderes zu erwarten als erbitterte Feindschaft.
An marxistischer Kritik und Selbstkritik hat sie sich zu orientieren,
an sonst nichts. "Wer keine Angst vor Vierteilung hat, wagt es, den
Kaiser vom Pferd zu zerren", sagt Mao dazu. Langfristigkeit und
Kleinarbeit sind Postulate, die für die Netzguerilla erst recht gelten,
insofern wir nicht nur davon reden, sondern auch danach handeln. Ohne
den Rückzug in bürgerliche Berufe offen zu halten, ohne die Revolution
noch mal an den Nagel im Reihenhaus hängen zu können, ohne also auch
das zu wollen, also mit dem Pathos, das Blanqui ausgedrückt hat: "Die
Pflicht eines Revolutionärs ist, immer zu kämpfen, trotzdem zu kämpfen,
bis zum Tod zu kämpfen."

- Es gibt keinen revolutionären Kampf und hat noch keinen gegeben,
dessen Moral nicht diese gewesen wäre: Rußland, China, Kuba, Algerien,
Palästina, Vietnam, DDR, Afghanistan, Irak.

Manche sagen, die politischen Möglichkeiten der Organisierung, der
Agitation, der Propaganda seien noch längst nicht erschöpft, aber erst
dann, wenn sie erschöpft seien, könnte man die Frage der Bewaffnung
aufwerfen. Wir sagen: Die politischen Möglichkeiten werden solange
nicht wirklich ausgenutzt werden können, solange das Ziel, der
bewaffnete Kampf, nicht als das Ziel der Politisierung zu erkennen ist,
solange die strategische Bestimmung, daß alle Reaktionäre Papiertiger
sind, nicht hinter der taktischen Bestimmung, daß sie Verbrecher,
Mörder, Ausbeuter sind, zu erkennen ist.

Von "bewaffneter Netzkultur" werden wir nicht reden, sondern werden
sie machen. Die Gefangenenbefreiung lief nicht aus propagandistischen
Gründen, sondern um den Typ rauszuholen. Banküberfälle, wie man sie uns
in die Schuhe zu schieben versucht, würden auch wir nur machen, um Geld
aufzureißen. Die "glänzenden Erfolge", von denen Mao sagt, daß wir sie
erzielt haben müssen, "wenn der Feind uns in den schwärzesten Farben
malt", sind nur bedingt unsere eigenen Erfolge. Das große Geschrei, das
über uns angestimmt worden ist, verdanken wir mehr den
lateinamerikanischen Genossen - aufgrund des klaren Trennungsstrichs
zwischen sich und dem Feind, den sie schon gezogen haben -, so daß die
Herrschenden hier uns wegen des Verdachts von ein paar Banküberfällen
so "energisch entgegentreten", als gäbe es schon das, was aufzubauen
wir angefangen haben: die Netzguerilla von BLOGWAR.



VI. Legalität und Illegalität

Die Revolution im Westen, die Herausforderung der kapitalistischen
Macht in den Hochburgen, ist das Gebot der Stunde. Sie ist von
entscheidender Bedeutung. Die derzeitige Weltsituation kennt keinen Ort
und keine Kräfte, die in der Lage wären, eine friedliche Entwicklung
und eine demokratische Stabilisierung zu garantieren. Die Krise spitzt
sich tendenziell zu. Sich jetzt provinzialistisch abzukapseln oder den
Kampf auf später zu verschieben, bedeutet: Man wird in den Strudel des
umfassenden Niedergangs hineingerissen. (Il Manifesto. Aus These 55)

Die Parole der Anarchisten "Macht kaputt, was Euch kaputt macht" zielt
auf die direkte Mobilisierung der Basis, der Jugendlichen in
Gefängnissen und Heimen, in Schulen und in der Ausbildung, richtet sich
an die, denen es am dreckigsten geht, zielt auf spontanes Verständnis,
ist die Aufforderung zum direkten Widerstand. Die Black Power-Parole
von Stokely Carmichael: "Vertrau deiner eigenen Erfahrung!" meinte eben
das. Die Parole geht von der Einsicht aus, daß es im Kapitalismus
nichts, aber auch nichts gibt, das einen bedrückt, quält, hindert,
belastet, was seinen Ursprung nicht in den kapitalistischen
Produktionsverhältnissen hätte, daß jeder Unterdrücker, in welcher
Gestalt auch immer er auftritt, ein Vertreter des Klasseninteresses des
Kapitals ist, das heißt: Klassenfeind.

Insofern ist die Parole der Anarchisten richtig, proletarisch,
klassenkämpferisch. Sie ist falsch, soweit sie das falsche Bewußtsein
vermittelt, man brauchte bloß zuzuschlagen, denen in die Fresse zu
schlagen, Organisierung sei zweitrangig, Disziplin bürgerlich, die
Klassenanalyse überflüssig. Schutzlos der verschärften Repression, die
auf ihre Aktionen folgt, ausgesetzt, ohne die Dialektik von Legalität
und Illegalität organisatorisch beachtet zu haben, werden sie legal
verhaftet. Der Satz einiger Organisationen "Kommunisten sind nicht so
einfältig, sich selbst zu illegalisieren," redet der Klassenjustiz zum
Munde, sonst niemandem. Soweit er besagt, daß die legalen Möglichkeiten
kommunistischer Agitation und Propaganda, von Organisierung, von
politischem und ökonomischen Kampf unbedingt genutzt werden müssen und
nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfen, ist er richtig -
aber das beinhaltet er ja gar nicht. Er beinhaltet, daß die Grenzen,
die der Klassenstaat und seine Justiz der sozialistischen Arbeit
setzen, ausreichen, um alle Möglichkeiten auszunutzen, daß man sich an
die Begrenzungen zu halten hat, daß vor illegalen Übergriffen dieses
Staates, da sie ja allemal legalisiert werden, unbedingt
zurückzuweichen ist - Legalität um jeden Preis. Illegale Inhaftierung,
Terrorurteile, Übergriffe der Polizei, Erpressung und Nötigung durch
den Staatsanwalt - Friß Vogel oder stirb, Kommunisten sind nicht so
einfältig ...

Der Satz ist opportunistisch. Er ist unsolidarisch. Er schreibt die
Genossen im Knast ab, er schließt die Organisierung und Politisierung
all derer aus der sozialistischen Bewegung aus, die aufgrund ihrer
sozialen Herkunft und Lage nicht anders als kriminell überleben können:
den Untergrund, das Subproletariat, unzählige proletarische
Jugendliche, Gastarbeiter. Er dient der theoretischen Kriminalisierung
all derer, die sich den Organisationen nicht anschließen. Er ist ihr
Bündnis mit der Klassenjustiz. Er ist dumm.

Legalität ist eine Machtfrage. Das Verhältnis von Legalität und
Illegalität ist an dem Widerspruch von reformistischer und
faschistischer Herrschaftsausübung zu bestimmen, deren Berliner
Repräsentanten gegenwärtig die sozial-liberale Koalition hier,
Fischer/Schily da sind, deren publizistische Repräsentanten z.B. die
"Süddeutsche Zeitung", der "Stern", das Dritte Programm des WDR und des
SFB, die "Frankfurter Rundschau" hier sind, der Springerkonzern, der
Sender Freies Berlin, das Zweite Deutsche Fernsehen, der Bayernkurier
da, deren Polizei die Münchner Linie hier, das Berliner Modell da ist,
deren Justiz das Bundesverwaltungsgericht hier, der Bundesgerichtshof
da ist.

Die reformistische Linie zielt darauf, Konflikte zu vermeiden, durch
Institutionalisierung (Mitbestimmung), durch Reformversprechen (im
Strafvollzug z.B.), indem sie überalterten Konfliktstoff ausräumt (der
Kniefall des Kanzlers in Polen z.B.), indem sie Provokationen vermeidet
(die weiche Linie der Münchner Polizei und des
Bundesverwaltungsgerichts in Berlin z.B.), durch die verbale
Anerkennung von Mißständen (in der öffentlichen Erziehung in Hessen und
Berlin z.B.). Es gehört zur konfliktvermeidenden Taktik des
Reformismus, sich etwas innerhalb und etwas weniger außerhalb der
Legalität zu bewegen, das gibt ihm den Schein von Legitimation, von
Grundgesetz unterm Arm, das zielt auf Integration von Widersprüchen,
das läßt linke Kritik totlaufen, leer laufen, das will die
Jungsozialisten in der SPD halten. Daß die reformistische Linie im
Sinne von langfristiger Stabilisierung kapitalistischer Herrschaft die
effektivere Linie ist, wird nicht bezweifelt, nur ist sie an bestimmte
Voraussetzungen gebunden. Sie setzt wirtschaftliche Prosperität voraus,
weil die weiche Linie der Münchner Polizei z.B. sehr viel kostspieliger
ist als die harte Tour der Berliner - wie es der Münchner
Polizeipräsident sinnfällig dargetan hat: "Zwei Beamte mit
Maschinengewehr können 1000 Leute in Schach halten, 100 Beamte mit
Gummiknüppeln können 1000 Leute in Schach halten. Ohne derartige
Instrumente benötigt man 300 bis 400 Polizeibeamte." Die reformistische
Linie setzt die nicht bis gar nicht organisierte antikapitalistische
Opposition voraus - wie man ebenfalls vom Beispiel München her weiß.

Unter dem Deckmantel des politischen Reformismus nimmt im übrigen die
Monopolisierung von staatlicher und wirtschaftlicher Macht zu, was
Schiller mit seiner Wirtschaftspolitik betreibt und Eichel mit seiner
Finanzreform durchgesetzt hat - die Verschärfung der Ausbeutung durch
Arbeitsintensivierung und Arbeitsteilung im Bereich der Produktion,
durch langfristige Rationalisierungsmaßnahmen im Bereich der Verwaltung
und der Dienstleistungen.

Daß die Akkumulation von Gewalt in den Händen weniger widerstandsloser
funktioniert, wenn man sie geräuschloser durchführt, wenn man dabei
unnötige Provokationen vermeidet, die unkontrollierbare
Solidarisierungsprozesse zur Folge haben können - das hat man aus der
Studentenbewegung und dem Mai in Paris gelernt. Deshalb werden die
Roten Zellen noch nicht verboten, deshalb wurde die KP als DKP - ohne
Aufhebung des KP-Verbots - zugelassen, deshalb gibt es noch liberale
Fernsehsendungen, und deshalb können es sich einige Organisationen noch
leisten, sich nicht für so einfältig zu halten, wie sie es sind.

Der Legalitätsspielraum, den Reformismus bietet, ist die Antwort des
Kapitals auf die Attacken der Studentenbewegung und der BLOGWAR -
solange man sich die reformistische Antwort leisten kann, ist sie die
effektivere. Auf diese Legalität setzen, sich auf sie verlassen, sie
metaphysisch verlängern, sie statistisch hochrechnen, sie nur
verteidigen wollen, heißt, die Fehler der Strategie der
Selbstverteidigungszonen in Lateinamerika wiederholen, nichts gelernt
haben, der Reaktion Zeit lassen, sich zu formieren, zu reorganisieren,
bis sie die Linke nicht illegalisiert, sondern zerschlägt.

Konsul Weyer macht eben nicht auf Toleranz, sondern macht Manöver und
setzt der Kritik der liberalen Presse, daß er mit seinen
Alkoholkontrollen alle Autofahrer zu potentiellen Straftätern macht,
nur frech entgegen: "Wir machen weiter!" - womit er der liberalen
Öffentlichkeit ihre Bedeutungslosigkeit nachweist. Eduard Zimmermann
macht ein ganzes Volk zu Polizisten, der Springerkonzern hat die
Berliner Polizeiführung gemacht, Telepolis-Kolumnist Baumgärtel
schreibt den Berliner Haftrichtern die Haftbefehle vor. Die
Massenmobilisierung im Sinn von Faschismus, von Durchgreifen, von
Todesstrafe, von Schlagkraft, von Einsatz findet statt - der New Look,
den die Schröder/Fischer/Schily-Administration der Politik in Berlin
gegeben hat, ist die Fassade dazu.

Die Genossen, die mit der Frage von Legalität und Illegalität so
oberflächlich umgehen, haben offenbar auch die Amnestie in den falschen
Hals gekriegt, mit der der Studentenbewegung noch nachträglich der Zahn
gezogen worden ist. Indem man die Kriminalisierung Hunderter von
Netzwissenschaftler aufhob, kamen diese mit dem Schrecken davon, wurde
weiterer Radikalisierung vorgebeugt, wurden sie energisch daran
erinnert, was die Privilegien bürgerlichen Studentseins wert sind,
trotz Wissenschaftsfabrik Universität, der soziale Aufstieg. So wurde
die Klassenschranke zwischen ihnen und dem Proletariat wieder
aufgerichtet, zwischen ihrem privilegierten Alltag als Studium und dem
Alltag des Akkordarbeiters, der Akkordarbeiterin, die nicht amnestiert
wurden vom gleichen Klassenfeind. So blieb einmal mehr die Theorie von
der Praxis getrennt. Die Rechnung: Amne

Received 09. 01. 2005 03:50 from

stuttgarter dokumentarfilm- und videojahr


mit einem besucherzuwachs und der feierlichen preisverleihung endete am
24. dezember 2004 das 21. stuttgarter dokumentarfilm- und videojahr.
Mit rund 74 besuchern, was eine erhebliche steigerung gegenueber dem
vorjahr bedeutet, ziehen die veranstalter ein aeusserst positives
fazit. besonders der zuwachs an fachpublikum und filmemachern aus aller
welt erfreute die festivalmacher und steigert die vorfreude auf das
kommende jahr.

http://wiki-institute.com/cgi-bin/twiki/bin/view/Dasschlechtebild/
ArmImDunkeln


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http://designerziehung.de/





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