Received 30. 05. 2009 -- 14:49 from
fromBetrifft: Stipendien & Fördermittel
Hallo Anke, hallo allen anderen,
das, was Du angesprochen hast und wie Du es getan hast in Deinem allerersten Posting, ist auch immer mein Thema...
die Kunst als einen allgemein anerkannten Beruf ansehen zu lassen fällt schwer, denn in ihr geschieht nichts allgemein und für alle gleich Gültiges, Wichtiges oder Bezahlenswertes.
Ich denke, dass das die Crux ist für diejenigen, die von ihrer Kunst leben möchten, d. h. ihren Lebensunterhalt dadurch bestreiten wollen. Es wird evtl. jemanden geben, der das eine oder andere bezahlen, weil besitzen oder sonstwie fördern möchte, aber schon seine Sicht der Dinge auf einen weiteren anderen Menschen "hochzurechnen" wird nicht unbedingt funktionieren - zumindest nicht "berechenbar".
Daher bin ich ja schon länger der Ansicht, dass Kunst eine freiwillige Sache sein sollte, und zwar von Seiten der Erschaffer als auch von Seiten der "Konsumenten" (blöder Begriff in diesem Zusammenhang, aber Ihr wisst, wie's gemeint ist, denke ich), denn so wird man allem m. E. am ehesten gerecht und kann vielleicht auch kreative Dinge akzeptieren, denen man unterstellt, nicht in wahrhaft künstlerischer Absicht entstanden zu sein... also die, denen man unterstellt, "zuwenig zu bedeuten".
Im Umkehrschluss bedeutete das, dass es keine staatliche Förderung für etwas geben könnte, das so unterschiedlich und individuell bewertet wird wie "Kunst", und dass man es nur eben individuell fördern KANN... - womit wir bei meinem Knackpunkt wären, inwieweit man einen Menschen "zum Künstler ausbilden" kann...
viele Grüße und schöne Pfingsttage,
Sabine
--- In hat Anke S. geschrieben:
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> Lieber Stefan,
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> es macht durchaus Sinn eine Unterscheidung zwischen den Künsten herauszuarbeiten... Du sprichst von Büchern. Die möchte ich außen vor lassen. Insbesondere auch, weil ihre Herstellung zwar Zeit, aber keine Kosten verursacht.
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> Meine Kritik bezieht sich auf die bildenden Künste. Sicher können auch Bilder wichtig sein für die Gesellschaft. (Ich benutze das "Bild" im Folgenden stellvertretend für Objekt, Skulptur, Installation, Fotografie). Wenn sie auf Missstände hinweisen, sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinander setzten, unbequem sind und "wertvoll" für die Allgemeinheit oder bestimmte Teile der Gesellschaft.
>
> Hier erscheint es mir allerdings so, dass zu viele Bilder des Bildes willen entstehen. Nichts ausdrücken. Allein von der Eitelkeit ihres Schöpfers erzählen. Dagegen ist ja auch nichts zu sagen. Wenn Herr A,B,C davon begeistert genug ist, einen Betrag zu zahlen, um sich das Werk in sein Büro zu hängen und der Künstler somit seinen Lohn bezieht.
>
> Öffentliche Fördergelder für Bilder zu verwenden, die keinen "übergeordeten" Sinn haben, erscheint mir allerdings nicht angebracht, nicht in Zeiten wie diesen. Hier müssten Mäzen her. Oder die Unterstützung der Famlie.
>
> Gruß, Anke
>
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> > -----Ursprüngliche Nachricht-----
> > Von: "Stefan Beck"
> > Gesendet: 29.05.09 19:47:56
> > An: thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de
> > Betreff: Re: [thing-frankfurt] Stipendien & Fördermittel
>
>
> > Hallo Anke,
> >
> > ja, warum Dichter in dürftiger Zeit? Eine durchaus berechtigte Frage.
> >
> > Ich würde sie nach zwei Hinsichten beantworten.
> >
> > Allgemein kann man sich natürlich an Beuys halten, jeder Mensch ein
> > Künstler. Und deswegen müssen alle gefördert werden. Was in die
> > Richtung
> > bedingungsloses Grundeinkommen geht.
> >
> > Ähnlich, wenn nicht ganz so breit, argumentiert Richard Florida, der
> > meint, immer mehr Menschen lebten "künstlerisch". Deshalb sei statt
> > Wirtschaftsförderung Bürgerförderung angebracht.
> >
> > Ich würde allerdings die spezifische Leistung der Künstler herausheben.
> >
> > Künstler sind die, die ein exemplarisches Leben führen. Über das sie
> > exemplarisch zu berichten wissen.
> >
> > Jeder hatte schonmal Liebeskummer und weiß wie sich das anfühlt.
> > Proust
> > hingegen hat in der Gestalt von Swann und Odette Worte gefunden, die
> > über die banale Alltagserfahrung hinausgehen. Eben so, daß sich
> > plötzlich tausende von Lesern darin wiederfinden können.
> >
> > Dem Künstler gelingt, was anderen unscharf und verschwommen scheint,
> > klar herauszuheben.
> >
> > Diese Leistung rechtfertigt Förderung.
> >
> > Bleibt die Frage, wie denn die Leistung zu erkennen sei? Darauf gibt
> > es
> > natürlich keine allgemeine Antwort. Die Gesellschaft entwickelt
> > allerlei
> > Instrumente, Künstler auszusieben. Jedes davon hat seine Macken.
> > Weswegen manche den Bogen zurückschlagen und wieder beim allgemeinen
> > Grundeinkommen landen.
> >
> > Empfehle noch zur weiteren Klärung den Aufsatz von Heidegger "Warum
> > Dichter in dürftiger Zeit?" (in Holzwege).
> >
> > Die Lektüre Heideggers eigentsich besonders gut in ländlicher
> > Umgebung,
> > auf dem Bauernhof oder so.
> >
> > > Hallo zusammen,
> > >
> > > bei allem gebührenden Respekt vor der Kunst, sei hier mal die Frage
> > erlaubt, warum in Zeiten, in denen immer mehr Menschen (in Deutschland!
> > !) am Existenzminimum kratzen und Kinder in Armut aufwachsen müssen,
> > Künstler nach wie vor davon ausgehen, dass ihr Wirken mit öffentlichen
> > Geldern gefördert und finanziert werden müsse!! Ich finde diese
> > Haltung ziemlich borniert. So, das musste mal raus. Auch, wenn ich
> > mir damit Feinde mache.
> > >
> > > Gruß, Anke
> > >
> > >
> >
> > --
> >
> > The Thing Frankfurt
> > http://www.thing-frankfurt.de
> >
> > * * *
> >
> > Stefan Beck
> > Hohenstaufenstr. 8
> > 60327 Frankfurt
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