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[thing-group] Received 04. 06. 2009 -- 15:52 from from

Betrifft: Stipendien & F ördermittel

Hallo Church-Jard,

vielleicht hat sich meine Antwort an Dich nach meiner Antwort an Verena und die Gruppe vom 2.6. bereits ziemlich erledigt...?

Ich sage meine Ansicht sehr gerne noch einmal sehr kurz und knapp und hoffe, dass die Knappheit zur Klarheit beiträgt, wie ich was meine, und nicht abkanzelnd rüberkommt, denn ich bleibe gerne weiter im Gespräch:

Kunst ist gesellschaftlich höchst wichtig. Davon ausgehend, dass man niemanden - wirklich niemanden! - aus dieser Gesellschaft ausgrenzen möchte, glaube ich in der Tat, dass "Künstler" zwar ein allgemein anerkannter Beruf sein kann, der sich aber gefallen lassen muss, sich an Berufen messen zu lassen, die z. B. auch bildungsferne gesellschaftliche Schichten als für sie wichtige Berufe anerkennen, einfach, weil sie sie augenscheinlicher "brauchen" wie Schreiner, Verkäufer, Ärzte,... - egal, was man heranzieht.

Wenn Künstler aufhören, sich gegenseitig zu bekriegen, aufhören zu diskutieren, warum die eine Kunst fördernswert ist und eine andere nicht oder zumindest weniger, von "guter" und "schlechter" Kunst sprechen und damit nur das "Konstrukt Kunst" bedienen, dann könnte ich Diskussionen zur Kunst-Förderung vielleicht eher nachvollziehen, weil sie nach meiner Überzeugung dann komplett anders geführt würden.

So geht es mir - wohlgemerkt nur auf den Markt bezogen, der sich um die nicht fass- und messbare Kunst rankt - zu oft um Dinge, die genau mit diesem Punkt, WAS DARAN eine Gesellschaft in der Tat BRAUCHT (und da gehen wir absolut konform!), nichts mehr zu tun haben. Das tarnt sich nur oft sehr gut.

Die Freiwilligkeit, von der ich sprach, ist eine Freiheit, die niemanden ausschließt. In der Kunst ist MIR DAS wichtig.

Und wo ich jetzt doch länger geschrieben habe als ich anfangs wollte, möchte ich auch noch mal meine Frage vom 2.6. wiederholen: wie finanziert eine Gesellschaft die Kunstförderung, wenn nicht wieder und wieder der in meinen Augen absolut fatale und unglaubwürdig machende Streit entbrennen soll, was fördernswert ist und was nicht...?

Dass die Kunst immer wieder auch ins Materielle spielt und umgekehrt, was in der Tat als "Beruf" erlaubt sein müsste, das tut ihr nicht gut... man kann darüber streiten, aber ich erlebe es so.

Viele Grüße,

Sabine


--- In thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de hat Curch-Jard ND geschrieben:
>
> Hallo Sabine,
>
> interessant, daß du darauf hinweist, daß keine/r geantwortet hat auf deinen
> Beitrag, ich habe ihn darauf nochmals gelesen und war richtig erschrocken.
>
> Du behauptest doch nicht etwa ernsthaft, daß "Kunst" kein allgemein
> akzeptierter Beruf sein kann, oder?
>
> Gerade in der Kunst geschieht mehr als anderswo, in allen Bereichen des
> Versuches, des Experimentierens und des auch unwirtschaftlichen (besonders)
> Produzierens etwas extrem Wichtiges und Gültiges für die "allgemeine"
> Gesamt-Human-Gesellschaft. Das Gute daran ist auch, daß jede/r daran sofort
> teilnehmen kann, an diesem im optimalsten Falle kreativen und im besten
> Sinne menschheitsbejahenden und förderlichen Prozess!
> ( Für Beuys übrigens als wichtiger Beitrag zur Gesellschaft zur "sozialen
> Skulptur" deklariert!)
>
> Un der Kunst ganz allgemein gesprochen kann mensch alle/vieles ausprobieren
> und evaluieren, was ihn dirket betrifft, seine Sinne schulen, Emotionen frei
> setzen, ausprobieren (Theater( Schauspiel, ..) und vieles mehr.
>
> Das ist eine wichtige kulturelle Grundsubstanz, auf der alle weitere
> menschliche, human und gesellschaftliche Entwicklung (neben Aspekten der
> Wissenschaft, ..) beruht. Ähnliches hat auch Stefan Beck in einigen seiner
> jüngsten Beiträge betont.
>
> Kunst ist daher auch freiwillig, aber sie setzt kreatives Potential, was in
> den meisten Menschen vorhanden ist, unkriegerisch und un-marktwirtschaftlich
> frei. Zum Guten und freien Nutzen aller.
> Was und wo wären wir als Menschheit ohne wichtige und große Autoren und
> deren Bücher, ohne kreative Denker und Philosophen, Maler und Bildhauer,
> etc.?.
>
> Ich halte dies mit anderen für die vitale Basis unserer wackeligen
> Zivilisation, Kultur zu schaffen und daran mitzuarbeiten ist etwas ungemein
> Förderlichers. Ohne diese von einzelnen auch ohne Auftrag geschaffene Kultur
> (ich nenne es mal so vereinfacht, ..) wären wir eventuell schmal
> vegetierende Wesen, Höhlenmenschen, Wesen, die sich nur an ihren Basis
> Instinkten orientieren, etc.!
>
> Paul Feyerabend hat in einem seiner vielen Bücher (Wissenschaft als Kunst,
> ..) höchst anschaulich darauf hingewiesen, daß Kunst und Wissenschaft die
> kreativen und humanitär wichtigen Triebfedern für eventuelle Entwicklung
> überhaupt seien!
>
> Kunst ist und sollte freiwillig und frei sein, weiterhin aber ist sie und
> sollte ebenfalls als förderliche Krreativkraft stärker wahrgenommen und
> gefördert werden.
> Warum beschwert sich in dieser Form denn niemand mehr über die andauernde
> und auch extrem todbringende und unheilvolle Kraft der zerstörerischen
> Waffen die auch in Deutschland "legal" produziert und marktwirtschaftlich
> höchst toleriert (Arbeitsplätze?- auch für Frauen?) einen Großteil der
> deutschen Exportwaren ausmachen, nur mal so nebenbei bemerkt, ..???
>
> Ohne kulturschaffende Kunst geht nichts und ein einigermassen intelligenter
> Staat sollte das begreifen und fordern (wie sich auch mehr um seine Kinder
> sorgen, alles anders ist dagegen relative Nebensache. )
>
> Essen müssen alle und wohnen ebenso und Zuwendung braucht jede/r aber das
> allein macht noch keine einigermassen humanistisch orientierte Gesekllschaft
> aus. Auf was soll man eigentlich noch warten,das alles so weitergeht weie
> bisher? Ohne Kunst, Kunst nur als schnödes, gerade so geduldetes Beiwerk,
> als Zierrat und Privatsache?
>
>
> LG, B.
>
> on 30.05.2009 14:49 Uhr, Sabine Pint at spint@... schrieb:
>
>
>
> Hallo Anke, hallo allen anderen,
>
> das, was Du angesprochen hast und wie Du es getan hast in Deinem allerersten
> Posting, ist auch immer mein Thema...
>
> die Kunst als einen allgemein anerkannten Beruf ansehen zu lassen fällt
> schwer, denn in ihr geschieht nichts allgemein und für alle gleich Gültiges,
> Wichtiges oder Bezahlenswertes.
>
> Ich denke, dass das die Crux ist für diejenigen, die von ihrer Kunst leben
> möchten, d. h. ihren Lebensunterhalt dadurch bestreiten wollen. Es wird
> evtl. jemanden geben, der das eine oder andere bezahlen, weil besitzen oder
> sonstwie fördern möchte, aber schon seine Sicht der Dinge auf einen weiteren
> anderen Menschen "hochzurechnen" wird nicht unbedingt funktionieren -
> zumindest nicht "berechenbar".
>
> Daher bin ich ja schon länger der Ansicht, dass Kunst eine freiwillige Sache
> sein sollte, und zwar von Seiten der Erschaffer als auch von Seiten der
> "Konsumenten" (blöder Begriff in diesem Zusammenhang, aber Ihr wisst, wie's
> gemeint ist, denke ich), denn so wird man allem m. E. am ehesten gerecht und
> kann vielleicht auch kreative Dinge akzeptieren, denen man unterstellt,
> nicht in wahrhaft künstlerischer Absicht entstanden zu sein... also die,
> denen man unterstellt, "zuwenig zu bedeuten".
>
> Im Umkehrschluss bedeutete das, dass es keine staatliche Förderung für etwas
> geben könnte, das so unterschiedlich und individuell bewertet wird wie
> "Kunst", und dass man es nur eben individuell fördern KANN... - womit wir
> bei meinem Knackpunkt wären, inwieweit man einen Menschen "zum Künstler
> ausbilden" kann...
>
> viele Grüße und schöne Pfingsttage,
>
> Sabine
>
> --- In
> hat Anke S.
> geschrieben:
> >
> > Lieber Stefan,
> >
> > es macht durchaus Sinn eine Unterscheidung zwischen den Künsten
> herauszuarbeiten... Du sprichst von Büchern. Die möchte ich außen vor
> lassen. Insbesondere auch, weil ihre Herstellung zwar Zeit, aber keine
> Kosten verursacht.
> >
> > Meine Kritik bezieht sich auf die bildenden Künste. Sicher können auch Bilder
> wichtig sein für die Gesellschaft. (Ich benutze das "Bild" im Folgenden
> stellvertretend für Objekt, Skulptur, Installation, Fotografie). Wenn sie
> auf Missstände hinweisen, sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinander
> setzten, unbequem sind und "wertvoll" für die Allgemeinheit oder bestimmte
> Teile der Gesellschaft.
> >
> > Hier erscheint es mir allerdings so, dass zu viele Bilder des Bildes willen
> entstehen. Nichts ausdrücken. Allein von der Eitelkeit ihres Schöpfers
> erzählen. Dagegen ist ja auch nichts zu sagen. Wenn Herr A,B,C davon
> begeistert genug ist, einen Betrag zu zahlen, um sich das Werk in sein Büro
> zu hängen und der Künstler somit seinen Lohn bezieht.
> >
> > Öffentliche Fördergelder für Bilder zu verwenden, die keinen "übergeordeten"
> Sinn haben, erscheint mir allerdings nicht angebracht, nicht in Zeiten wie
> diesen. Hier müssten Mäzen her. Oder die Unterstützung der Famlie.
> >
> > Gruß, Anke
> >
> >
> > > -----Ursprüngliche Nachricht-----
> > > Von: "Stefan Beck"
> > > Gesendet: 29.05.09 19:47:56
> > > An: thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de
> > > Betreff: Re: [thing-frankfurt] Stipendien & Fördermittel
> >
> >
> > > Hallo Anke,
> > >
> > > ja, warum Dichter in dürftiger Zeit? Eine durchaus berechtigte Frage.
> > >
> > > Ich würde sie nach zwei Hinsichten beantworten.
> > >
> > > Allgemein kann man sich natürlich an Beuys halten, jeder Mensch ein
> > > Künstler. Und deswegen müssen alle gefördert werden. Was in die
> > > Richtung
> > > bedingungsloses Grundeinkommen geht.
> > >
> > > Ähnlich, wenn nicht ganz so breit, argumentiert Richard Florida, der
> > > meint, immer mehr Menschen lebten "künstlerisch". Deshalb sei statt
> > > Wirtschaftsförderung Bürgerförderung angebracht.
> > >
> > > Ich würde allerdings die spezifische Leistung der Künstler herausheben.
> > >
> > > Künstler sind die, die ein exemplarisches Leben führen. Über das sie
> > > exemplarisch zu berichten wissen.
> > >
> > > Jeder hatte schonmal Liebeskummer und weiß wie sich das anfühlt.
> > > Proust
> > > hingegen hat in der Gestalt von Swann und Odette Worte gefunden, die
> > > über die banale Alltagserfahrung hinausgehen. Eben so, daß sich
> > > plötzlich tausende von Lesern darin wiederfinden können.
> > >
> > > Dem Künstler gelingt, was anderen unscharf und verschwommen scheint,
> > > klar herauszuheben.
> > >
> > > Diese Leistung rechtfertigt Förderung.
> > >
> > > Bleibt die Frage, wie denn die Leistung zu erkennen sei? Darauf gibt
> > > es
> > > natürlich keine allgemeine Antwort. Die Gesellschaft entwickelt
> > > allerlei
> > > Instrumente, Künstler auszusieben. Jedes davon hat seine Macken.
> > > Weswegen manche den Bogen zurückschlagen und wieder beim allgemeinen
> > > Grundeinkommen landen.
> > >
> > > Empfehle noch zur weiteren Klärung den Aufsatz von Heidegger "Warum
> > > Dichter in dürftiger Zeit?" (in Holzwege).
> > >
> > > Die Lektüre Heideggers eigentsich besonders gut in ländlicher
> > > Umgebung,
> > > auf dem Bauernhof oder so.
> > >
> > > > Hallo zusammen,
> > > >
> > > > bei allem gebührenden Respekt vor der Kunst, sei hier mal die Frage
> > > erlaubt, warum in Zeiten, in denen immer mehr Menschen (in Deutschland!
> > > !) am Existenzminimum kratzen und Kinder in Armut aufwachsen müssen,
> > > Künstler nach wie vor davon ausgehen, dass ihr Wirken mit öffentlichen
> > > Geldern gefördert und finanziert werden müsse!! Ich finde diese
> > > Haltung ziemlich borniert. So, das musste mal raus. Auch, wenn ich
> > > mir damit Feinde mache.
> > > >
> > > > Gruß, Anke
> > > >
> > > >
> > >
> > > --
> > >
> > > The Thing Frankfurt
> > > http://www.thing-frankfurt.de
> > >
> > > * * *
> > >
> > > Stefan Beck
> > > Hohenstaufenstr. 8
> > > 60327 Frankfurt
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