Received 07. 03. 2010 -- 23:11 from
fromRe: was machen nun?
Ja, Hr.Beck, wie sagte ich jedoch auch:
"Daher sehe ich in einer "autonomen" Gegenbewegung kreativer Kunstschaffender eine möglich Alternative,..."
Schön, das sie außerdem Marcuse zitiert haben, dessen Texte auch mir noch bekannt sind und inhaltlich wie auf der Vermittlungsebene nichts an Brisanz verloren haben.
Auf der Hinfahrt zur Kunstmesse in Karlsruhe habe ich einige Ideen entwickelt, wie etwa der kreative Ansatz von Susanne zur Einschätzung "künstlerischer Arbeit durch Künstler" hier formuliert, weiterzubringen wäre.
Die Idee scheint mir recht gut, das Kunstschaffende unter sich Kriterien entwickeln, um Kunstobjekte und künstlerisches Schaffen nicht an nur Geldwert orientiert, versuchen gemeinsam einzuschätzen.
Bloß: nach welche Kriterien soll man dabei vorgehen, ich habe dazu gleich ungute Gedanken aus Erfahrungen aus Jury-Bewertungen an Kunsthochschulen und anderen künstlerisch orientierten Organisationen.
Den wer bestimmt die Kriterien, welche Kunst-Arbeiten / Kunst-Werke von wem sind nun wichtig, originell, technisch wertvoll, hochstehend, handwerklich professionell, zeitgemäß, gut bearbeitet, kreativ, etc. sein soll, sein kann, sein darf?
Wer hat eine profunde Ahnung von allen Kunstströmungen und Prozessen, wie bewertet jemand Arbeiten, die ihn/sie vielleicht gar nicht interessieren und/oder deren Herangehensweise gar unbekannt sind/ist? Und was ist mit Künstlern, die andere Richtungen, etwa freie Malerei, Comic oder Fotografie "ablehnen", wie sollen diese das dann "einschätzen"?
Ich hatte jüngst so "einen Fall" im Freundeskreis, bei dem ein Kunstschaffender auf ihm fremde, relativ hochstehende Arbeiten mit komplettem Unverständnis reagiert hat, die diese ihm aus seiner Sicht heraus, obwohl für andere künstlerisch wertvoll, als profan, gering und nichtssagend erschienen sind. Und was dann?
Also doch wieder Geld- und Goldwert als Gewicht-ung für künstlerische Arbeiten, oder etwa eine Jury aus kompletten Laien?
Fragen?
----- Original Message -----
From: Stefan Beck
To: thing-frankfurt [at] yahoogroups [dot] de
Sent: Saturday, March 06, 2010 7:55 PM
Subject: Re: [thing-frankfurt] was machen?
Das klingt durchaus plausibel. Und es mag sein, daß wir nichts
ausrichten können.
Aber es würde schon ausreichen, wenn wir die durch das System Kunstmarkt
enstandenen Schäden ausführlich und präzise auflisten könnten.
Nehmen wir Freud als Beispiel. Nach 100 Jahren mag es unerheblich sein,
ob er seine Patienten wirklich heilen konnte.
Sein Verdienst besteht darin, ein vollkommen neue Darstellungsweise der
an den Individuen verübten Unterdrückungen gefunden zu haben.
Das sollten wir auch versuchen.
Hier noch ein Mitteilung aus alter Zeit:
"Zunächst die Frage nach der Möglichkeit der Kommunikation. Sie ist in
einem bestimmten Sinn erst im Spätkapitalismus zum Problem geworden.
Unter seiner Herrschaft wäre die Veränderung der Welt wörtlich die
Veränderung des ganzen der materiellen und intellektuellen Kultur, der
Daseinsform von Mensch und Natur in allen Bereichen - der qualitative
Sprung.
Das heißt aber, daß die Kunst, wenn sie wirklich Faktor radikaler
Veränderung sein soll, die bestimmte Negation des Bestehenden
vermitteln muß."
[Herbert Marcuse, "Kunst und Befreiung", in: Nachgelassene Schriften,
Hrsg. Peter-Erwin Jansen]
http://de.groups.yahoo.com/group/thing-frankfurt/message/4717
> Anmerkung:
> durch etwas tiefere Einblicke in gängige und verbreitete Marktstrukturen ist mir aufgefallen, das es inzwischen sogar unmöglich ist,für autonome, alternative oder sonstige nicht am Kunstmarkt aktiv partizipierende Künstler, an diesem in irgend einer Form teilzunehmen.
>
> Die rigiden Strukturen der Selektion und Abschottung sind wie in der übrigen Marktwirtschaft ähnlich, dermaßen ausgefeilt und nur für Insider verständlich und zugänglich, das obwohl eine angebliche Transparenz vermittelt wird, der Zutritt auf eine Elite beschränkt bleiben soll.
>
> Daher über die Vermarktung und den Verkauf von Kunstwerken/ Arbeiten zu hoffen, Freiräume zu erwirtschaften, die ein besseres oder angenehmeres Leben dadurch ermöglichen, halte ich inzwischen in dieser Realität, nun für relativ ausgeschlossen, oder vergleichbar mit den Gewinnchancen in einer x-beliebigen Lotterie.
>
>
> So auch meine neu gewonnenes Verständnis für die Gewinner im Kunstmarkt-System, da diese aus Selbsterhaltungsinteressen und alleinig an der Maximierung von eigenen Profiten interessiert, unmöglich andere auf ihre Stufe oder in ihre Nähe und sei es durch "Almosen" wie Kunstankäufe zu befördern beabsichtigen.
> Hart aber Fair?
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Stefan Beck
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